Russisch-orthodoxe Kirche in Paris: Der Kreml am Ufer der Seine

Wladimir Putin tat alles für den Prestigebau einer russisch-orthodoxen Kirche mitten in Paris. Zur Einweihung aber kommt er nicht.

Eine russisch-orthodoxe Kirche in Paris

„Sankt Wladimir“ in Paris Foto: ap

PARIS taz | Wer am linken Ufer der Seine in Richtung Eiffelturm flaniert, kann den imposanten und exotischen Neubau am Quai Branly nicht übersehen. Mit den silbern glänzenden Zwiebeldächern erinnern die fünf Türme unweigerlich an den Kreml in Moskau. Und damit hat dieses russisch-orthodoxe Zentrum bereits seinen Übernamen.

Andere, wie der frühere Kulturminister Frédéric Mitterrand, schlagen stattdessen „Sankt Wladimir“ als Name vor für dieses Aushängeschild der Russischen Föderation. Denn es handelt sich um ein Prestigeobjekt des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dass dieses „Centre spirituel et culturel orthodoxe russe“ nur ein paar Schritte vom Pariser Wahrzeichen, dem Eiffelturm, steht, bekommt da eine symbolische Bedeutung.

„Wladimir Putin hat diese Kathedrale gewollt und den Bau ständig überwacht“, versichert die französische Russlandexpertin Hélène Carrère d’Encausse. Dass der Bauherr nun nicht persönlich zur Einweihung am 19. Oktober kommen kann, gibt selbstverständlich in Paris viel zu reden. Die Gründe dafür haben weniger mit lokalen Einwänden gegen die im sonst so traditionellen Stadtbild doch sehr auffällige Architektur zu tun, sondern mit außenpolitischen Differenzen wegen Syrien.

Putin ist von François Hollandes scharfer Kritik wegen seiner Unterstützung des Diktators Baschar al-Assad beleidigt, er beklagt sich über Frankreichs schlechte Gastfreundschaft. Er will später kommen, wenn vielleicht im Élysée-Palast ein Präsident residiert, der ihn in Paris freundlicher willkommen heißen würde als der derzeitige Staatschef, der keine Gelegenheit auslässt, um ihn auf dem internationalen Parkett wegen der Ukraine oder Syrien anzuschwärzen.

Putin ist undankbar

Putin ist wirklich undankbar. Denn gerade die französische Staatsführung hat alles getan, um ihm bei der Verwirklichung seines Traums von einer russisch-orthodoxen Kathedrale in Paris zu helfen und dafür allerlei Steine aus dem Weg zu räumen.

Schon für das begehrte Baugelände in idealer Lage am Seine-Ufer, wo zuvor die Wetteranstalt Météo France ihren Sitz hatte, konnte Frankreich zweifellos andere Käufer finden, die dafür ebenfalls 70 Millionen Euro bezahlt hätten. Heute wäre es Hollande wahrscheinlich auch lieber, sein Vorgänger Nicolas Sarkozy hätte einem anderen Projekt den Vorzug gegeben.

Noch vor wenigen Monaten aber hatte sich Hollande um eine Annäherung an Putin bemüht. Mit allen juristischen Finessen und Tricks verhinderte sie, dass die unrechtmäßig enteigneten Aktionäre des Erdölkonzerns Yukos, staatliche russische Güter in Frankreich beschlagnahmen konnten – darunter auch das teure Grundstück am Pariser Quai Branly.

Fast wäre es nämlich um Putins Kathedrale geschehen gewesen, weil das internationale Schiedsgericht in Den Haag den früheren Yukos-Besitzern 50 Milliarden Dollar als Entschädigung zugesprochen hatte.

„Botschaftskapelle“

Um das russisch-orthodoxe Zentrum vor der Konfiszierung zu bewahren, wurde dieses in Frankreich kurzerhand zu einem diplomatisch immunen Gebäude erklärt. Dazu hat die französische Justiz, zweifellos auf Ersuchen der Staatsführung, einen Paragrafen aus dem Jahr 1924 ausgegraben, der den Botschaften das Recht auf den Bau und die Nutzung eigener „Kapellen“ gewährt. Und weil das vielleicht nicht genügte, hat das Finanzministerium die diplomatische Immunität auch noch auf (nicht weniger heilige) Bankguthaben ausgedehnt.

Putins Wohlwollen also war Frankreich mehr als eine Messe wert. Und Andrei Kondakow von International Center for Legal Protection, der die Interessen der russischen Staatsführung vertritt, freute sich: „Die Einweihung des geistigen und kulturellen Zentrums in Paris wird ein Höhepunkt in der Geschichte der Freundschaft der beiden Länder sein.“

Das aber war, wie dazu die Zeitung Libération anmerkt, „vor dem Martyrium von Aleppo“. Jetzt ist die russische Kathedrale eher ein Symbol des neuen Kalten Kriegs zwischen Moskau und Paris.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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