Russische Sportler und Doping: Bedingt rehabilitiert

Das höchste Sportschiedsgericht hebt die Strafe für 28 russische Sportler auf. Zu den Spielen nach Pyeongchang dürfen sie trotzdem nicht.

Relief mit olympischen Ringen und stilisierter russischer Flagge

Das Symbol des Russischen Olympischen Komitees in Moskau Foto: ap

BERLIN taz | Thomas Bach ist gut angekommen in Pyeongchang. Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees besucht Sportstätten in Südkorea und sieht noch einmal nach dem Rechten, bevor es am Freitag nächster Woche losgeht mit den Winterspielen. Am Mittwoch war er ganz begeistert vom Olympischen Dorf. „Das ist der Ort, an dem der olympische Geist zum Leben erwacht“, wird er vom hauseigenen Portal zitiert. Er hat dann noch andere ebenso belanglose Dinge gesagt, ganz so, als sei dieser Donnerstag ein ganz normaler Tag für den internationalen Spitzensport. Das war er aber keineswegs.

Am Vormittag hatte das Internationale Sportschiedsgericht Cas die Sperren von 28 zuvor wegen Dopings vom IOC mit lebenslangen Olympiabann belegten Sportlern aufgehoben. Die Disqualifikationen von etlichen Medaillengewinnern der Olympischen Winterspiele von Sotschi 2014 wurden rückgängig gemacht, weil das Schiedsgericht den einzelnen Sportlern konkrete Verstöße gegen die Antidopingregularien nicht nachweisen konnte.

Auf Russlands Sportportalen kannte der Jubel über die Entscheidung vor allem aus einem Grund kaum Grenzen: Russland kehrte an diesem Donnerstag auf höchst sportrichterlichen Beschluss hin auf Platz eins des Medaillenspiels von Sotschi 2014 zurück. So darf Rodler Albert Demtschenko seine Silbermedaille ebenso behalten wie der Skeletonpilot Alexander Tretjakow seine Goldene. Insgesamt wurden 11 Medaillengewinner von Sotschi über den Umweg Cas rehabilitiert.

Das IOC, das sich über Jahre hinweg schwergetan hat, das durch den von der Welt-Anti-Doping-Agentur beauftragten Anwalt Richardf McLaren aufgeschlüsslten russischen Staatsdopingkomplex zu ahnden, reagiert mit einem mageren Statement auf die Entscheidung des Cas, das die letzte Instanz bei sportrechtlichen Auseinandersetzungen darstellt. Es bedauert auf der einen Seite die Entscheidung zugunsten der 28 Athleten, deren Einspruch gegen die IOC-Urteile erfolgreich war, stellte aber heraus, dass bei immerhin elf Sportlern Verletzungen der Anti-Doping-Regularien festgestellt worden sind, was einen Beleg für die Existenz des staatlich organisierten Dopingsystems in Russland darstellen würde.

Nicht unschuldig

Außerdem verweist das IOC ausdrücklich auf einen Satz von Matthieu Reeb, dem Generalsekretär des Schiedsgerichts, der bei der Pressekonferenz zur Erläuterung des Urteils sagte, dass dieses nicht bedeute, dass die 28 betroffenen Athleten „für unschuldig erklärt worden sind.“ Der russische Sportminister Pawel Kolobkow feierte den Erfolg der Einsprüche erwartungsgemäß als Sieg der Gerechtigkeit. Er sprach von „28 sauberen Siegen“ vor Gericht und tat so, als sei erwiesen, dass es sich beim Alexander Legkow, der sich nun wieder Langlauf-Olympiasieger über 50 Kilometer nennen darf, um einen sauberen Athleten handelt.

Witali Mutko, der stellvertretende Ministerpräsident Russlands und als ehemaliger Sportminister selbst wohl hauptverantwortlich für das Dopingprogramm im Land, forderte umgehend, dass die in seinen Augen rehabilitierten Athleten bei den Spielen in Pyeongchang an den Start gehen dürfen. Das möchte das IOC indes nicht. Der Ausschluss des Olympischen Komitees Russlands, der bis zum Ende der Spiele in Südkorea Bestand haben soll, wird nicht in Zweifel gezogen.

Er ist eine Sanktion, die das IOC wegen des als erwiesen geltenden organisierten Dopings in Russland verhängt hat. Nur vom IOC handverlesenen Russen, die nie in einen Dopingfall verwickelt waren, dürfen zu den Spielen, wo sie unter neutraler Flagge als „Olympische Athleten aus Russland“ antreten können. „Die Entscheidung des Cas bedeutet nicht, dass die 28 betreffenden Athleten zu den Spielen eingeladen werden“, stellte das IOC in seinem Statement klar.

Mehr als bedauerlich ist das Urteil der Sportrichter auch für Grigori Rodschenkow. Der ehemalige Leiter des russischen Doping-Analyse-Labors ist als Kronzeuge vom Cas vernommen worden. Seine Aussagen als Kronzeuge der Anklage waren bei der Entscheidung des IOC, die russischen Sportler zu sperren, ausschlaggebend. Rodschenkows Anwalt Jim Walden sieht in Urteil des Cas auch einen Angriff auf die Glaubwürdigkeit seines Mandanten.

Er veröffentlichte ein Statement, in dem er Rodschenkows Aussagen durch eine Vielzahl an kriminalistischen Untersuchungen, Whistleblower und die kürzlich entdeckten Datensätze aus dem Moskauer Testlabor, als belegt bezeichnet. Das Verschleiern Tausender „dreckiger Tests“ sei erwiesen. Seine Bewertung des Cas-Urteils ist eindeutig: Diese „unglückliche Entscheidung“ bestärke Betrüger und mache es für saubere Athleten noch schwieriger zu gewinnen.

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