STAATSBESUCH: 24 Stunden im Ausnahmezustand

Barack Obama besucht Berlin erstmals als US-Präsident. Für die Berliner bedeutet das eine Menge Einschränkungen. Ihm zujubeln dürfen sie auch nicht.

Obama mit Siegessäule, Juli 2008. Bild: dpa

Was für ein Auftritt: Mehr als 200.000 Menschen sind auf die Straße des 17. Juni geströmt. Barack Obama spricht vor der Siegessäule, man hat extra Großleinwände aufgebaut, damit ihn alle sehen können. Die Menge feiert den Hoffnungsträger.

Das war vor knapp fünf Jahren, im Juli 2008. Obama war damals Kandidat, nicht Amtsinhaber. Jetzt regiert er schon in seiner zweiten Amtszeit. Zum ersten Mal kommt er nächste Woche als US-Präsident nach Berlin. Und alles ist anders.

Dieses Mal darf Obama direkt vor dem Brandenburger Tor reden, das wurde ihm beim letzten Mal verwehrt. Aber nur 4.500 geladene Gäste dürfen auf dem Pariser Platz dabei sein. Wer nicht auf der Liste steht, kommt nur auf einen Kilometer heran. Public Viewing gibt es nicht. Wer wissen will, was der hohe Besucher sagt, muss den Fernseher einschalten. _obama_in_berlin/701511?datum=2013-06-19:Phoenix sendet am Mittwoch den ganzen Tag Obama. Seine Rede, geplant für 16.30 Uhr, überträgt auch die ARD.

Herumlungern am Schloss

Wer einen eigenen Blick auf Obama oder zumindest seine Fahrzeugkolonne erhaschen will, muss am Mittwoch zwischen Potsdamer Platz (er übernachtet im Ritz Carlton), Schloss Bellevue (hier trifft er Joachim Gauck), Kanzleramt (hier trifft er Angela Merkel) und Brandenburger Tor herumlungern. Oder am Mittwochabend vor dem Schloss Charlottenburg. Dorthin lädt die Bundeskanzlerin Obama nämlich zum Bankett in die Große Orangerie ein. Da wird sie schon mit ihm zu Mittag gegessen haben, ein Arbeitsessen natürlich, es soll unter anderem um den Plan eines transatlantischen Freihandelsabkommens gehen. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück darf Obama immerhin nachmittags im Hotel besuchen.

Für die Berliner bedeutet der Obama-Besuch vor allem eins: Warten, Umwege, Einschränkungen. Denn für den Präsidenten gilt die höchste Sicherheitsstufe „1+“. Scharfschützen auf den Dächern, verschweißte Gullydeckel, Straßensperren. Ganze Straßenzüge werden zu Sicherheitsbereichen. Schon seit Freitagmorgen dürfen nicht einmal mehr Fahrradfahrer durchs Brandenburger Tor. Insgesamt sind mehrere tausend Polizisten im Einsatz. Wenn Obama am Dienstagabend vom G-8-Gipfel in Nordirland mit der Air Force One für seinen rund 24 Stunden dauernden Besuch einfliegt, wird der Luftraum über Berlin gesperrt.

Manche Berliner werden auch zu Hause keine Ruhe finden. Die Anwohnerinnen der Orte, an denen Obama sich aufhalten wird, hat die Polizei per Flugblatt informiert: „Anlässlich des Besuches des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Herrn Barack Obama, in Berlin“ komme es zu „zu besonderen Sicherheits- und Kontrollmaßnahmen“, teilten die Beamten in schönstem Amtsdeutsch mit. Konkret heißt das: Fenster geschlossen halten, Ausweis dabei haben. Polizisten begleiten einen dann zur Haustür.

Diese Einschränkungen im Alltag dürften allerdings nicht der Hauptgrund sein, warum Obamas Besuch viel kritischer begleitet wird als vor fünf Jahren. Das liegt an seiner Politik: Das Gefangenenlager Guantánamo ist immer noch nicht geschlossen, dann der Drohnenkrieg, und gerade erst wurde das NSA-Programm Prism bekannt, mit dem die USA weltweit die Kommunikation überwachen.

Demo zum Pariser Platz

Bereits für Montag hat ein Bündnis aus Friedens- und Bürgerrechtsorganisationen eine Demonstration vom Bertolt-Brecht-Platz zum Pariser Platz angemeldet. 800 Teilnehmer wollen auch eine Kette um die US-Botschaft bilden. Motto: „Yes, we can: Obama die Rote Karte zeigen“. Mit Obama seien viele Hoffnungen verbunden gewesen, heißt es in dem Aufruf zur Demo. „Nach sechs Jahren seiner Regierung hat sich keine dieser Hoffnungen erfüllt.“ Es ist allerdings noch nicht klar, ob die Demo auf der geplanten Route stattfinden kann. Eine Entscheidung der Versammlungsbehörde sei für Montag geplant, sagte eine Polizeisprecherin am Freitag.

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