Sanierungspläne im Science-Center: Giftig nur im Dunkeln?

Bei Sanierungen im Universum kommt ein Kleber zum Einsatz, der gefährliche Dämpfe verursacht. Darum den Betrieb unterbrechen soll das Museum bislang nicht

Das "Universum" von außen

Eigenwillige Architektur mit ungelöseten Problemen hinter der Fassade Foto: Ingo Wagner/dpa

BREMEN taz | Das Bremer Science-Center Universum steht im Verdacht, Gesundheitsrisiken für BesucherInnen übersehen zu haben, oder sogar in Kauf zu nehmen. Ein Spezialharz, das zum Kitten verschiedener Risse in der Holzträgerkonstruktion verwendet werden soll, benötigt jeweils 24 Stunden zum Aushärten. So lange stößt das Harz Dämpfe aus. Geplant ist dennoch, die Sanierungsarbeiten nachts durchzuführen und das Wissenschaftsmuseum tagsüber zu öffnen.

Zugelassen für Sanierungen von Brettschichtholzträgern wie im Universum ist in Deutschland nur ein Spezialharz der Firma Wevo. Im technischen Datenblatt dieses Klebers stehen zahlreiche Sicherheitshinweise für die Verarbeitung, einer dürfte aber auch BesucherInnen interessieren: „Dampf/Aerosol nicht einatmen.“

Denn das könnte gesundheitsschädlich sein. Der Fachwarenhändler, der das Spezialharz in Deutschland vertreibt, sagte zur taz: „In der Aushärtungsphase können Ausdünstungen von Reaktionsstoffen nicht vermieden werden. Aus diesem Grund empfehlen wir, die Arbeitsräume gut zu belüften.“ Erst dann seien „keine nennenswerten Raumbelastungen durch den Klebstoff zu erwarten.“

Alles halb so schlimm?

Die Wirtschaftsbehörde, die der städtischen Betreibergesellschaft des Universums vorsteht, bestätigt den geplanten Einsatz des Klebers. Wie am besten saniert wird, werde derzeit von einem Statiker in Verbindung mit einem Sanierungsfachmann ermittelt. Tim Cordssen von der Wirtschaftsbehörde sagt, er gehe davon aus, dass alle Sicherheitsaspekte berücksichtigt werden.

Bisher hieß es stets, der Museumsbetrieb des Universums solle nicht beeinträchtigt werden. Auf Nachfrage der taz räumt Cordssen allerdings ein: „Die zur Entlüftung erforderliche Zeit wird gemeinsam mit den Fachleuten festgelegt.“

Das Museum war von Diplom-Holzwirt Johan Müller auf die Risse aufmerksam gemacht worden. Der Sachverständige und Fachjournalist für Holz hatte sich die Trägerkonstruktion angesehen und in der taz über die Auffälligkeiten berichtet. Ein Gutachten bestätigte dann seinen Verdacht: „Neun Längsbalken im Obergeschoss, die das Dach des walförmigen Gebäudes tragen, haben Risse“, sagte Universums-Sprecher Bastian Bullwinkel der taz im Januar. Es soll sich dabei aber nicht um akute Schäden handeln. Die Konstruktion sei nicht für die Schäden verantwortlich – Holz arbeite, das sei „ein ganz normaler Prozess“.

Spezialisten sollen laut Gutachten die leicht erreichbaren Brüche binnen sechs Monaten schließen, die höher gelegenen Bruchstellen wollte das Universum innerhalb eines Jahres kleben lassen. Ein halbes Jahr ist nun bald verstrichen, die Arbeiten haben bislang noch nicht begonnen. „Sie sollen aber eigentlich noch vor Ostern durchgeführt werden“, so Cordssen.

Gutachten bleibt in der Berhörde

Das Schadensgutachten will die Behörde nicht herausgeben. Darüber streitet sie zurzeit mit Holzexperte Johann Müller, der eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz gestellt hat. Auch auf taz-Anfrage gibt die Behörde das Gutachten nicht heraus. Das könne sie nicht, weil sie nicht der Auftraggeber des Gutachten sei. Man habe Müller jedoch Einsicht in die Unterlagen im Beisein des Gutachters angeboten.

Holzexperte Müller sagt dazu: „Ich bin nicht an einem Treffen mit dem Gutachter interessiert und in der Lage, selber ein Gutachten zu lesen.“ Er hätte es gerne, um mit Fachkollegen darüber zu diskutieren. Vor allem über die Ursache der Risse, damit so etwas bei anderen Holzbauwerken in Zukunft ausgeschlossen werden könne.

Er hat in der Sache die Beauftragte für Informationsfreiheit kontaktiert, die zwischen Behörde und ihm vermitteln wollte. Geeinigt haben sie sich trotzdem nicht. Aus der Sicht der Informationsfreiheitsbeauftragten ist Müller im Recht. Das teilte sie der Behörde auch schriftlich mit. Eine Antwort darauf steht laut Müller noch aus.Er glaubt nicht daran, dass die Risse Ursache eines normalen Prozesses sind. Zumal es bereits kurz nach der Eröffnung des Universum im Jahr 2000 zu Rissen im Holz gekommen war. „Es liegt nahe, dass der Fehler vor Ort zu suchen ist.“

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