Schabowskis Zettel vom 9. November 89: Ost-West-Streit entbrannt

Das Bonner Haus der Geschichte hätte das Papier nicht für 25.000 Euro kaufen dürfen, sagt die Frau des Ex-Regierungssprechers der DDR.

Ein Detail des Schabowski-Zettels. Bild: dpa

BERLIN dpa | Nach dem überraschenden Auftauchen des historischen Sprechzettels von Ex-SED-Politbüromitglied Günter Schabowski hat sich dessen Ehefrau empört gezeigt. „Das ist der kaltblütige Verkauf einer gestohlenen Sache“, sagte Irina Schabowski am Freitag. Die Stiftung Haus der Geschichte in Bonn hat das Blatt für 25.000 Euro erworben. Das Dokument der Zeitgeschichte enthält dessen Notizen zu der Pressekonferenz in Ostberlin am 9. November 1989, die den Mauerfall auslöste.

Schabowski hatte eine neue DDR-Reiseverordnung vorgestellt, nach der künftig Reisen in den Westen erlaubt werden sollten. Auf Nachfrage stammelte er vor laufenden Kameras: „Das tritt nach meiner Kenntnis … ist das sofort … unverzüglich.“ Die Nachricht machte schnell die Runde, noch in der gleichen Nacht strömten die Massen in den Westen.

Irina Schabowski sagte, die Familie habe Anfang der 90er Jahre ein paar Dokumente, darunter den Zettel, auf Drängen an Bekannte gegeben, die sich das näher ansehen wollten. Die Papiere seien trotz wiederholter Bitten nicht zurückgegeben worden. „Wir haben nichts verschenkt“, so Frau Schabowski.

Der 86-jährige Schabowski ist seit Langem schwer krank und wird betreut. Er tritt nicht mehr öffentlich auf. Nach dem Ende der DDR brach der Politfunktionär mit seiner Vergangenheit und bekannte sich zu moralischer Schuld.

Hans Walter Hütter, Präsident der Stiftung Haus der Geschichte, hatte am Donnerstag betont, 25.000 Euro seien kein hoher Preis für eine „Gelenkstelle der Weltgeschichte“. Der Verkäufer des Zettels wolle anonym bleiben. Schabowskis Sprechzettel war demnach verschwunden, seit er ihn 1991 an einen Bekannten gegeben hatte. Der bisherige Eigentümer soll ebenfalls aus Schabowskis Bekanntenkreis stammen.

Lange gesucht

Der Sprecher des Hauses der Geschichte, Peter Hoffmann, betonte am Freitag: „Wir haben den Zettel rechtmäßig erworben.“ Laut Vertrag mit dem Vorbesitzer sei das Haus von allen Rechten Dritter freigestellt. Lange sei nach dem verschollenen Dokument gesucht worden.

An der Echtheit gebe es keine Zweifel, hatte am Donnerstag Sammlungsdirektor Dietmar Preißler betont. Wie der Zettel aussah, war schon lange bekannt, weil ein Historiker eine Fotokopie besaß. Nur das Original fehlte bislang.

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