Schalke in der Fußball-Bundesliga: Gefühlt gut, tabellarisch nicht

Schalke verliert schon wieder. Die Verantwortlichen versuchen sich nach der Pleite in Gladbach in positiv verstrahlter Kommunikation.

Domenico Tedesco

Erstmal bedient: Trainer Domenico Tedesco Foto: dpa

MÖNCHENGLADBACH taz | Das kleine Gespräch direkt nach dem Abpfiff war Christian Heidel wichtig. Der krisenerprobte Sportvorstand des FC Schalke wollte sich mit Domencio Tedesco abstimmen. Eine widerspruchsfreie Kommunikationsstrategie ist schließlich hilfreich in schwierigen Momenten. Allerdings hatte Heidel offenbar auch das Bedürfnis, sich einen Eindruck vom Zustand des jungen Fußball-Lehrers zu verschaffen, der keinerlei Erfahrung mit solchen Misserfolgsmomenten hat.

„Da ist kein ratloser Trainer da“ konnte Heidel anschließend erleichtert verkünden, und diese Erkenntnis gebe ihm „ein gutes Gefühl“. Damit hatte er das Hauptmotiv in Worte gefasst, das hinter all den Erläuterungen, Analysen und Zerrbildern stand, die die Schalker geliefert haben: Sie wollten die guten Gefühle pflegen.

Natürlich bestritt niemand, dass dieses 1:2 bei Borussia Mönchengladbach den Fehlstart in die Saison vollendet hat. Zudem waren alle Beteiligten sich einig, dass der Sieg der Borussia vollkommen verdient gewesen ist. Trotzdem laufe bei den Schalkern vieles ganz hervorragend, behaupteten die Verantwortlichen.

Zum Beispiel die Sache mit den Fans, die nicht pfiffen, keine Trainerentlassung forderten und auch sonst keine vernehmbare Kritik in die Septembernacht hinausbrüllten. Vielmehr sang die Kurve nach dem Abpfiff in Anspielung auf das bevorstehende Bundesligaduell gegen den Tabellenführer: „Zieht den Bayern die Lederhosen aus.“ Das fand Heidel „absolut überragend“. Der 55-Jährige wies darauf hin, dass jener Teil des Anhangs, der mit in Mönchengladbach war, „sehr sensibel“ mit diesem Saisonbeginn umgeht, „die haben ein großes Verständnis dafür, dass nicht auf einmal alles falsch sein kann, was vorher richtig war.“

Und selbst die Dinge, die falsch liefen, versuchten die Schalker irgendwie mit einem positiven Schnörkel zu versehen. Er sei natürlich nicht zufrieden „mit der bisherigen Ausbeute“ sagte Tedesco und sprach von „Spielen, die definitiv nicht gut waren, aber das heutige gehört nicht dazu.“ Das Team habe auswärts sechs klaren Torchancen erspielt, zudem sei das Pressing in vielen Phasen gut gewesen. Der ungestüme Hamza Mendyl musste zwar nach 27 Minuten ausgewechselt werden, weil sein nächstes Foul mit gelb-roten Karte geahndet worden wäre, bis dahin sei der Debütant aber gut im Spiel gewesen. Das Tor von Breel Embolo in der Nachspielzeit war unbestreitbar wunderschön, werde dem formschwachen Stürmer „gut tun“ verkündete Tedesco, leider war der Treffer in der 93. Minute ohne Wert.

Zurück in der Champions League

Die Schalker, denen einst das Etikett des schrägen Chaos-Klubs anhaftete, haben sich zu Meistern der Krisenkommunikation entwickelt. Bevor Heidel nach Gelsenkirchen kam, hätte Clemens Tönnies nach so einem Samstag vermutlich in einer Boulevardzeitung oder einer Talkrunde ein paar schlagzeilentaugliche Urteile über Trainer, Spieler oder Transferpolitik gefällt und die Selbstzerstörungsspirale hätte Fahrt aufgenommen. Nun wurden Missstände nur noch eingeräumt, um glaubwürdig zu bleiben, aber der Grundtenor blieb positiv.

Zugang Sebastian Rudy spielte zwar ein paar hübsche Pässe, aber seine Anwesenheit auf dem Platz schwächt die Schalker Robustheit

In den Tagen vor der der großen Champions-League-Rückkehr gegen den FC Porto, die für Heidel und Tedesco zum ersten direkten Kontakt mit der Königsklasse werden wird, dürfe „der Spaßfaktor nicht verloren gehen“, sagte der Trainer. Aber natürlich erschwert jede weitere Niederlage die Umsetzung dieses Vorsatzes. Und wie die faktischen Probleme gelöst werden können, blieb vorerst unklar.

Wenn die Mannschaft so weiter spiele, werde „der Knoten relativ zügig platzen“, erklärte Tedesco vage, doch so einfach wird es vermutlich nicht werden. Zugang Sebastian Rudy spielte zwar ein paar hübsche Pässe, aber seine Anwesenheit auf dem Platz schwächt die Schalker Robustheit, die im Vorjahr ein zentraler Erfolgsfaktor war. Zweikämpfe führte der Nationalspieler nachlässig, hatte am Ende Krämpfe.

Überdies harmonieren die Innenverteidiger Salif Sané und Naldo schlecht, Daniel Cali­giuri ist außer Form und die Stürmer brauchen zu viele Chancen. Dem ganzen Gebilde mangelt es an Homogenität. „Wenn es mal nicht so läuft, dann zeigt sich wie stark dieser Verein ist“, sagte Heidel noch, die kommenden Wochen werden dem interessierten Publikum demnach aufschlussreiche Einblicke in die innere Stabilität des gegenwärtigen FC Schalke 04 ermöglichen.

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