Schufa-Analyse zu Jugendlichen: Angst vorm Leben im Minus

Laut einer Studie gehen Jugendliche und junge Erwachsene immer gewissenhafter mit ihrem Geld um. Ihr Vertrauen zu Banken ist eher gering.

Schuldenfrei und Spaß dabei – Jugendliche von heute, so sind sie. Bild: dpa

BERLIN taz | Schulden? „Für mich kommt das nicht in Frage. Das wäre gefühlt wie kurz vorm Tod“, sagt Laura Siebert aus Berlin. Die 23-Jährige Studentin hat ihre Finanzen genau im Blick. Und das ist auch gut so: „Für mich ist das eine Form von Sicherheit“, sagt sie mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Vermutlich weil sie weiß, dass sie damit nicht dem Ruf von einer tagträumerischen jungen Generation nachkommt, der seit einigen Jahren hinter den 18 bis 25-Jährigen nachhallt. Vor allem dann, wenn es um das Thema Geld geht.

Im Auftrag der Schufa Holding AG führte die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) nun eine Umfrage unter 500 Jugendlichen im Alter von 15 bis 20 Jahren durch. Das Ergebnis: Das Thema Überschuldung werde von der Mehrheit als Belastung empfunden. 78 Prozent aller Jugendlichen planen ihre Ausgaben sogar längerfristig. „Das Finanzverhalten der jungen Generation ist eindeutig besser, als gemeinhin angenommen wird“, erklärt Michael Freytag, Vorstandsvorsitzender der Schufa. Im Umgang mit finanziellen Angelegenheiten fühlen sich dennoch viele verunsichert.

Schulden liegen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht im Trend: Wer einen Kredit aufnimmt, zahlt ihn laut Schufa-Analyse auch zurück. So sei die Rückzahlungsquote bei jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 24 Jahren mit 96,6 Prozent fast genauso hoch wie der gesamtdeutsche Durchschnitt. Hier liegt der Wert bei 97,5 Prozent und bleibt seit 2010 stabil.

„Die Jugendlichen von heute sind sehr seriöse und solide Finanzentscheider“, betont Freytag. Denn neben einer stabilen Rückzahlungsquote sei auch die Entscheidung für einen Kredit gut durchdacht: Angebote werden von den Jugendlichen stärker verglichen. 2012 gab es pro Kredit knapp ein Drittel mehr Anfragen als im Jahr 2002. 82 Prozent der 18- und 19-Jährigen hätten bisher noch gar keinen Kredit aufgenommen. Im Durchschnitt verfügen Menschen zwichen 45 und 49 Jahren über die meisten laufenden Kredite.

Die Gründe für das gewissenhafte Finanzverhalten von Jugendlichen seien vielfältig, so Karsten John, Leiter der Finanzmarktforschung bei der GfK. Im Zuge der Eurokrise nennt er einen möglichen Ansatz: „Viele fühlen sich im Zuge der gesellschaftlichen Verschuldung verunsichert.“ So hätten Wirtschaftsthemen bereits in jüngeren Jahren einen relativ hohen Stellenwert. Ab 18 Jahren steigt das Interesse wirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen auf über 40 Prozent an.

Schule in der Pflicht

Für Laura Siebert spielt das keine Rolle: „Eigentlich interessiere ich mich nicht für wirtschaftliche Themen. Ich glaube, dass das bei mir mit der Erziehung meiner Eltern zu tun hat.“ Schon immer seien für Laura und ihre Familie die Themen Geld und Sparen wichtig gewesen. „Mir wurde früh gezeigt, wie wichtig es ist, ein Notpolster zu haben“, sagt sie.

Laut Schufa sind für insgesamt 86 Prozent der Jugendlichen Informationen rund um das Thema Geld wichtig. Doch welche Informationen nun wirklich relevant sind und welche nicht – darüber wüssten nur gut 30 Prozent der befragten Probanden Bescheid, was die Unsicherheit im Umgang mit finanziellen Angelegenheiten noch verstärkt. „In Sachen Finanzbildung bestehen Defizite, die wir ausgleichen müssen“, so Freytag. Vertrauen schenkt die junge Generation in diesem Zusammenhang vor allem den Lehrern. Laut Umfrage wünschen sich junge Erwachsene mehr Aufklärung zu Wirtschaftsthemen in der Schule. Banken als Beratungsinstanz belegen im Ranking einen vergleichsweise schlechten Platz.

Eine mögliche Lösung sieht die Schufa in ihrem eigenen Projekt „Schufa macht Schule“, das den Jugendlichen wichtige Kompetenzen rund um das Thema Finanzen vermitteln soll. Über 30.000 Lehrer hätten schon auf Lehrmaterialien des Projektes zugegriffen. Künftig soll die Initiative mit der Hilfe des Internets ausgeweitet werden.

Kredite werden von Jugendlichen meist für größere Anschaffungen (darunter häufig digitale Medien) aufgenommen, die im Vergleich zum monatlichen Einkommen zu teuer sind. „Ich habe einen Kredit aufgenommen, weil ich mir ein Auto kaufen wollte“, erzählt Max Weise. Im Vorfeld habe der 20-jährige Auszubildende aus Berlin viele Angebote verglichen – immer mit dem Bewusstsein das Geld hinterher auch so schnell wie möglich zurückzahlen zu können.

Dennoch: Selbst wenn die Schuldenfalle von einem Großteil der jungen Leute heute gemieden werde – jeder Zehnte komme mit seinem Geld nicht aus, was zu immer neuen Krediten führt. Das zumindest belegen die Zahlen. Aus den Schufa-Daten geht hervor, dass die Zahl der aufgenommenen Kredite in allen Altersgruppen um 6,9 Prozent auf 7,7 Millionen gestiegen ist. 2011 waren es noch 7,2 Millionen.

Das Taschengeld allein reicht den Jugendlichen und den jungen Erwachsenen also offensichtlich nicht ganz aus. Im Rahmen der Umfrage gaben die unter 18-Jährigen ein durchschnittliches Taschengeld von 90 Euro im Monat an. Ab 18 Jahren haben junge Erwachsene monatlich etwa 300 Euro zur Verfügung.

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