Schweinegipfel in Hannover: Es bleibt blutig

Ferkel dürfen zwei weitere Jahre ohne Betäubung kastriert werden. In Niedersachsen überlegen sich die Schweinehalter nun, was das für sie bedeutet.

Ferkel auf dem Arm eines Landwirts

Schnipp Schnapp, Eier ab: Ferkel Foto: DPA

HANNOVER taz | Fünf Jahre hatten Schweinehalter Zeit, um Alternativen zur Kastration von Ferkeln ohne Betäubung zu finden. Doch weil die Branche das nicht hinbekommen hat und der Stichtag 1. Januar 2019 für das Verbot näher rückt, hat die große Koalition im Bund den Schweinehaltern nun zwei Jahre Aufschub versprochen – obwohl Tierschützer vehement dagegen protestieren.

Die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) war eine der lautesten Stimmen, die eine Verlängerung der Frist für die Landwirte gefordert hatte. Am Montag traf sie sich in Hannover mit Branchenvertretern zum Schweinegipfel, um die Herausforderungen für die nächsten zwei Jahre zu besprechen.

So richtig konkret wurde das allerdings nicht. Es solle nun geklärt werden, wer was wann mache, so Otte-Kinast. Der Bund müsse die Voraussetzungen für den sogenannten vierten Weg schaffen, die Kastration mit Betäubung. Das Mittel für die Lokalanästhesie müssten für Schweine erlaubt und diese ohne Tierarzt möglich werden. Zudem müsse über finanzielle Hilfen für Bauern nachgedacht werden. „Wir können die schweinehaltenden Betriebe nicht mit den Kosten alleine lassen. Der Tierschutz ist gesellschaftlich gewollt“, sagt Otte-Kinast.

Weil einige Eber einen unangenehmen Geruch entwickeln, kastrieren Schweinehalter sie – bisher ohne Betäubung. Es gibt jedoch andere Wege:

Bei der Jungebermast werden die unkastrierten Tiere vor dem Einsetzen der Pubertät mit geringerem Gewicht geschlachtet.

Kastrationen mit Betäubung dürfen derzeit nur von Tierärzten vorgenommen werden. Landwirte wollen die Lokalanästhesie künftig selbst machen, der sogenannte vierte Weg.

Tierschützer befürworten zweimalige Impfungen gegen den Ebergeruch.

Sie selbst wolle für das Fleisch von Ebern werben – also der Tiere, die nicht kastriert wurden. „Der Geruch von Ebern hängt in vielen Köpfen“, sagt sie. Es brauche eine Kampagne, damit die Landwirte das Fleisch besser los würden. Schon ihre eigene Wortwahl ist aber nicht gerade Reklame: Es sei „weicheres, glibberiges Fleisch“.

Ob Verbraucher in Niedersachsen Eberfleisch kaufen, ist aber eher nebensächlich. „Wir müssen das ganze Schwein verkaufen“, sagt Heinrich Dierkes von der Interessensgemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands. Nur die Edelstücke blieben hier, die Füße gingen nach China und die Mittelstücke nach Korea. „Wir brauchen Akzeptanz auf allen Märkten, um unser Schwein zu vermarkten“, sagt Dierkes. In Asien verkaufe sich geimpftes Schwein nicht.

Tierschützer kritisieren, dass die betäubungslose Kastration verlängert wurde. Die Branche habe genug Zeit gehabt. „Man klammert sich an die Produktion von Billigfleisch“, sagt Dieter Ruhnke vom Deutschen Tierschutzbund.

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