Schöner Wohnen: Zwangsverkabelt mit Gebühr

WOHNEN Weil die Vitus-Gruppe einen Vertrag mit Kabel Deutschland abgeschlossen hat, sollen alle Mieter nun monatlich zahlen - auch die, die von der Rundfunkgebühr befreit sind.

So hätte die Vitus-Immobiliengruppe ihre Mieter am Liebsten - vor der Glotze. Bild: dpa

Der Immobilien-Riese „Vitus-Gruppe“ hat sich bei seinen Mietern entschuldigt: Viel früher habe der die frohe Botschaft verkünden wollen, heißt es in dem Schreiben. Denn seit dem 1. März wurde für die Wohnanlage im Bremer Osten ein Vertrag mit Kabel Deutschland abgeschlossen. Die Mieter sollen von besonders günstigen Kabelgebühren „profitieren“. Nur noch 9,34 Euro pro Monat, dank des „Großkundenrahmenvertrages“. Das ist allerdings ein Mengenrabatt und sieht daher vor, dass alle Mieter zahlen. Egal, ob das in ihren Mietverträgen steht, ob sie lieber nicht oder lieber mit Digital-Antenne fernsehen oder ob sie gar Sozialleistungen beziehen und deshalb sogar von den Rundfunkgebühren befreit sind. Einige sehen das nicht ein und organisieren Protest.

Über 30.000 Wohnungen vermietet die Vitus-Gruppe in Deutschland. In Bremen gehören die „Bremische“ und die Beamten-Baugesellschaft (BBG) dazu, mit insgesamt 10.823 Wohneinheiten. Noch wurde der Brief nicht an alle Wohnanlagen der BBG und „Bremischen“ verschickt, das aber wird wohl kommen: „Kabel Deutschland wird im Laufe des Jahres 2012 damit beginnen, alle Kabelhausnetze der Vitus-Gruppe am Standort Bremen zu modernisieren“, heißt es in dem Schreiben. Darin auch Werbung für einige „zusätzliche Preisvorteile“: Die „Smartcard“ etwa für digitales Fernsehen gibt’s für zusätzliche 80 Cent, „High-Definition“ kostet weitere drei Euro monatlich. „Direkt buchbar“ sei auch ein „Premium“-Paket, so der Brief.

„Als in Bremen die DVB-T-Receiver eingeführt wurden, hat mir das Arbeitsamt damals die 80 Euro dafür gegeben“, so ein Mieter. Bislang hatte er keine laufenden Kosten, nun soll er zahlen, obwohl davon nichts in seinem alten Mietvertrag steht. Das sieht er nicht ein.

Eine direkte Umlage des Anschlusses wäre juristisch tatsächlich fragwürdig. Wohl deshalb steht in dem Info-Brief des Vermieters, dass mit dem Ausbau des Kabelnetzes ein „technischer Fortschritt“ und „zukünftige Verbesserung“ geschaffen werden. Denn Investitionskosten für Modernisierungen können mit elf Prozent im Jahr auf die Mieten umgelegt werden. Dagegen aber wehrt sich eine andere Mieterin: Von Verbesserung könne keine Rede sein, schreibt sie in einem Flugblatt, und von „Zwangsverkabelung“ und „Knebelung“. Denn seit 2004 gibt es in Bremen digitales Fernsehen über Antenne, mit derzeit 28 Sendern. Über Kabel sind es nur sechs mehr. „Die Entscheidung, welche Empfangsmöglichkeiten gewählt werden, sollte jedem selbst überlassen werden“, schreibt sie weiter. Und, dass Mietrecht kein Marketinginstrument für Kabel-Anbieter sein könne. Nun werden Unterschriften gesammelt und Mieter-Treffen einberufen.

Auch die städtische Gewoba hat Rahmenverträge, die den Mietern günstigere Konditionen bringen, aber niemand wird zum Vertrag mit einem speziellen Anbieter gezwungen.

Thorsten Prietz, Prokurist der BBG, bestätigte den Vertragsabschluss. Bislang aber seien „keine Schwierigkeiten aufgetreten“, sagte er zur taz. Weiter wollte er sich bis Redaktionsschluss nicht äußern.

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