Security-Mann klagt gegen Kündigung: Prügeln gehört zur Ausbildung

Ein ehemaliger Sicherheitsbeamter verklagt die Fluggesellschaft United Airlines. Er sei zu Unrecht wegen eines brutalen Einsatzes gefeuert worden.

Ein Flugpassagier steht mit ausgebreiteten Armen während einer Sicherheitskontrolle da

Immer schön ruhig bleiben, wer weiß, was die Sicherheitsbeamten sonst mit einem anstellen (Archivbild 2010) Foto: reuters

Das ist eine bemerkenswerte Klage. Der ehemalige Security-Angestellte James Long verklagt seinen früheren Arbeitgeber, die Flugsicherheitsbehörde von Chicago, sowie die Fluggesellschaft United Airlines auf Schadensersatz sowie Gehalts- und Rentenkassennachzahlungen. Long war im August 2017 entlassen worden. Grund für den Rausschmiss: Er war der Security-Mann, der am 9. April 2017 den 69-jährigen Arzt David Dao auf eine Weise aus einem United-Flugzeug gezerrt hatte, dass Dao mehrere Zähne verlor, eine Gehirnerschütterung und eine blutende Nase davontrug.

Der Vorfall war von anderen Passagieren gefilmt und millionenfach in sozialen Netzwerken angesehen worden. Dao, der sich gemeinsam mit seiner Frau auf der Rückreise von einem Urlaub in Kalifornien zu seinem Heimatort Louisville in Kentucky befand, hatte das Flugzeug verlassen sollen, weil United Airlines die Maschine überbucht hatte und plötzlich noch vier Plätze benötigte, um eigenes Personal zu transportieren. Als sich niemand bereit fand, freiwillig die Maschine zu verlassen, wurde Dao zufällig ausgewählt und aufgefordert zu gehen. Er weigerte sich, woraufhin die Flight Crew die Flughafen-Security zu Hilfe rief.

Long argumentiert jetzt in seiner 32-seitigen Anklageschrift, United Airlines habe wissen müssen, dass das Anfordern von Sicherheitsleuten den Einsatz physischer Gewalt mit sich bringe. Schließlich sei er nach nur fünfmonatigem Training in einer Polizeiakademie für den schonenden Umgang mit solchen Situationen überhaupt nicht ausgebildet. Das wiederum wirft er der Flugsicherheitsbehörde vor.

Deren Chefin, Ginger Evans, beschuldigt Long außerdem, ihn durch öffentliche Äußerungen in Misskredit gebracht zu haben. Sowohl United Airlines als auch die Flugsicherheitsbehörde waren durch die virale Verbreitung des Videos unter solchen Druck geraten, dass sich beide genötigt sahen, das Vorgehen der Sicherheitsleute in drastischen Worten zu verurteilen. Dadurch aber sieht sich nun Long in seinen Rechten verletzt und fordert Wiedergutmachung. Der Börsenwert von United war im ­Anschluss an den Vorfall um 500 Millionen US-Dollar gesunken.

Verwechslung mit der Flughafenpolizei

Flugsicherheitschefin Evans hatte seinerzeit öffentlich das Vorgehen der Sicherheitsleute als „unverhältnismäßig“ bezeichnet und geäußert, da sehe man wieder, dass „es einen guten Grund gibt, warum wir den Sicherheitsleuten keine Waffen geben“. Die Security-Angestellten seien nicht mit normalen Polizisten zu verwechseln und seien auch keine Flughafenpolizei. So hatten die sich allerdings immer verstanden, und das nicht zu Unrecht: Erst im Nachgang zu der Dao/Long-Auseinandersetzung war den Angestellten eröffnet worden, dass ihre zum Teil jahrelangen Dienste nicht mehr als Berufserfahrung im öffentlichen (Polizei-)Dienst anerkannt würden. Damit sind bislang erhoffte Aufstiegschancen verloren.

Und eben dagegen klagen nun insgesamt 290 Security-Angestellte der Flugsicherheitsbehörde – zusätzlich zu der individuellen Klage von James Long.

Long sagt, er sei nicht einmal dafür ausgebildet worden, einen wütenden Passagier aus einem Flugzeug zu komplementieren, ohne dass der dabei massiv verletzt werde

Das fünfmonatige Training, das Long für seinen Einsatz erhielt, ist im übrigen das gleiche, was auch Polizeianwärter erhalten. Und an dieser Stelle wird es bizarr: Long sagt, er sei nicht einmal dafür ausgebildet worden, einen wütenden Passagier aus einem Flugzeug zu komplementieren, ohne dass der dabei massiv verletzt werde. Seine Kollegen, die das gleiche Training erhalten haben, werden hingegen bewaffnet auf die Straße und in die Streifenwagen geschickt.

Ist es da wirklich ein Wunder, dass es so unglaublich häufig zu unverhältnismäßiger Polizeigewalt kommt, wie sie insbesondere die „Black Lives Matter“-Bewegung anprangert?

Es wird interessant werden zu verfolgen, wie dieses Verfahren ausgeht. Für die Behörde und die Fluggesellschaft war der ganze Vorfall eine riesenhafte PR-Katastrophe. Aus dem Prozess könnte jetzt noch ein richtiges Lehrstück werden.

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