Seltsame Rabattaktion der Bahn: Billiger zur Anti-Abtreibungs-Demo

Nur 99 Euro kostet das Zugticket zum „Marsch für das Leben“. Die Bahn AG sieht kein Problem darin, den Demonstrationsteilnehmern ein günstiges Ticket anzubieten.

Mittlerweile ein jährliches Schaubild: Die Lebensschützer bei ihrer Demonstration (hier 2009) gegen Abtreibung. Bild: ap

LEIPZIG taz | Zum diesjährigen „Marsch für das Leben“ gegen „Abtreibung und Euthanasie“ am 22. September in Berlin bietet die Deutsche Bahn AG Sondertickets. Aus dem gesamten Bundesgebiet können Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit dem Zug für 99 Euro anreisen. Zu der Demonstration ruft der Bundesverband Lebensrecht e. V. (BVL) auf. Unterstützt wird er von CDU-Rechten, Katholiken und christlichen Fundamentalisten wie der Evangelischen Allianz.

„Ginge es nach dem Willen dieser Leute, wären Frauen wieder dazu gezwungen, jedes Kind auszutragen“, sagt Jörg Nitschke vom pro familia Beratungszentrum in Berlin.

Durch die Rabattaktion würde die Deutsche Bahn AG als „Bündnispartnerin“ einer Vereinigung wahrgenommen, „die geltendes Recht und insbesondere das Selbstbestimmungsrecht von schwangeren Frauen angreift“, kritisiert Nitschke unter Verweis auf die geltende „Beratungslösung“ nach § 218 Strafgesetzbuch.

Keine Bewertung

Der pro familia Bundesverband hat deshalb den Bahn-Vorstand dazu aufgefordert, die Kooperationen mit dem BVL einzustellen.

Dazu sieht die Deutsche Bahn AG bisher offenbar keinen Anlass. Sie lehnte eine Stellungnahme „zu den Zielen der Veranstalter“ gegenüber der taz ab, da sie „weder als Sponsor oder Unterstützer dieser Veranstaltungen“ auftrete. Das Bahn-Logo ist auf den Veranstaltungsplakaten allerdings gut sichtbar.

Ein Sprecher sagte außerdem, auch andere Demonstrationen würden durch Ticketaktionen unterstützt. Einzelheiten wollte er mit Rücksicht auf Vertragspartner nicht nennen, verwies aber exemplarisch auf den CSD und Amnesty International.

Keine Kooperation mit der Bahn

Doch kann das deutsche Sekretariat von Amnesty International nichts von einer Kooperation mit der Bahn berichten. Christian Schneider-Lindbergh vom Berliner CSD e. V. erklärte, es habe seitens der Bahn AG auf Anfrage „keinerlei Bereitschaft“ zu einer Ticketaktion für Teilnehmer der diesjähren Schwulen- und Lesbenparade in Berlin gegeben.

Der Linken-Familienpolitiker Jörn Wunderlich hält es für „beschämend, dass die Bahn AG ausgerechnet Veranstalter unterstützt“, die „die heutige Pränataldiagnostik als Euthanasie bezeichnen, und damit fälschlicherweise bewusst auf die nationalsozialistische Rassenhygiene anspielen“.

Die Ausstellung „Zug der Erinnerung“ über die Rolle der Reichsbahn im NS musste laut Wunderlich in den Bahnhöfen dagegen Stand- und Schienennutzungsgebühren zahlen.

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