Senat will gegen das Cornern vorgehen: Runter von der Straße

Barbesitzer machen weiter Stimmung gegen Kioske. Nun wollen die Bürgerschaftsfraktionen den Hamburger Senat auffordern, ein Alkoholverkaufsverbot zu prüfen.

Menschen stehen in kleinen Gruppen vor einem Kiosk und trinken Bier.

Soll bald Geschichte sein: Cornern auf St. Pauli Foto: Hannes von der Fecht

HAMBURG taz | Rot-Grün macht Ernst. Der Senat und die Regierungsmehrheit in der Bürgerschaft wollen gegen das Cornern in den Hamburger Szenevierteln vorgehen. Die Fraktionen werden einen Beschlussantrag in die Bürgerschaft einbringen, in dem der Senat aufgefordert wird bis zum Sommer, Möglichkeiten einer „praktikablen, rechtssicheren Lösung des Problems“ aufzuzeigen. Angeregt wird in dem Beschluss etwa „an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten“ den „außer-Haus-Verkauf von alkoholischen Getränken“ einzuschränken.

„Wir haben uns auf den Weg gemacht, dem rund-um-die-Uhr-Verkauf von Billigalkohol gerade durch Kioske in den Szenestadtteilen, einen Riegel vorzuschieben“, sagt der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Farid Müller. Das Cornern ist vielen Gastronomen auf St.Pauli, in der Schanze oder St.Georg seit längerem ein Dorn im Auge. Sie hatten zuletzt im März mit einer Protestaktion gegen die Kioske Druck auf die Politik ausgeübt.

Dass ehemalige Kunden den Alkohol in benachbarten Kiosken kaufen, und die Kneipen nur noch dafür nutzen würden, ihn wieder loszuwerden, sei schlicht geschäftsschädigend, klagen die Wirte. Allein rund um die Reeperbahn gibt es über 50 Kioske, die teilweise rund um die Uhr Alkohol verkaufen. Die Knei­piers hatten gefordert, den Alkoholverkauf der Kiosk-Konkurrenz ab 22 Uhr zu verbieten.

Das aber ist für Rot-Grün keine Lösung: „Eine generelle Regelung, die den Verkauf von alkoholischen Getränken nur bis zu einem vorverlegten Ladenschluss erlaubt, sei für Hamburg nicht wünschenswert“, heißt es in dem gemeinsamen Antrag. Auch die „Einführung eines Alkoholverbots im öffentlichen Raum“, sei für Hamburg „keine Option“.

Handeln wollen SPD und Grüne aber trotzdem. „Wir müssen gegensteuern, wenn durch exzessiven Alkoholkonsum Stadtteile und ihre AnwohnerInnen in Mitleidenschaft gezogen werden“, macht der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sören Schuhmacher, sich die Argumentation der Gastronomen zu eigen.

Farid Müller, die Grünen

„Wir haben uns auf den Weg gemacht, dem Verkauf von Billigalkohol durch Kioske in den Szenestadtteilen, einen Riegel vorzuschieben“

In dem Antrag, der noch im Mai in die Bürgerschaft eingebracht werden soll, heißt es, durch das Cornern würden „Hauseingänge als Sitzplätze benutzt und verdreckt“, zudem würde deutlich mehr Alkohol getrunken, als zu der Zeit, als die klassischen Gastronomiebetriebe das Ausschankmonopol hatten. Und dass sich die Situation in den Szenevierteln durch den Kioskverkauf „sehr negativ entwickelt“, immer mehr Menschen würden hier nun „exzessiv Alkohol trinken und durch ihr Verhalten die Nachbarschaft schon tagsüber belasten“.

Dafür, dass es durch den Alkoholverkauf der Kioske vermehrt zu „alkoholtypischen Straftaten“ wie etwa „Körperverletzungen, Raubstraftaten, sexuellen Übergriffen“ komme, behauptet der rot-grüne Antrag zwar, und gibt damit eine Argumentationslinie für das angestrebte Verbot vor. Belege bietet er aber nicht. Farid Müller verweist auf die Polizeiliche Kriminalstatistik – die liefere deutliche Hinweise, dass die im Antrag skizzierte Situationsbeschreibung der Realität sehr nahe komme.

Belege soll nun eine Studie im Auftrag des Senats erbringen. Denn nur wenn der Verkauf von Alkohol durch einen ganz bestimmten Kiosk nachweisbar die öffentliche Sicherheit gefährdet, dürfte das Alkohol-Abgabeverbot juristisch sattelfest sein. Den „Außer-Haus-Verkauf von alkoholischen Getränken im Falle einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ einzuschränken, könne deshalb, so der rot-grüne Antrag, „eine Lösung sein“. So oder so aber droht eine Klagewelle der betroffenen Kioskbetreiber.

„Die Bezirke werden von Fall zu Fall entscheiden müssen, bei welchen Kiosken es Verkaufseinschränkungen gibt“, sagt Müller. Einen „inflationären Gebrauch“ dieses Instruments und eine Ausdehnung auf ganze Stadtviertel werde es „nicht geben“.

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