Sezessionisten in Kamerun: Fahnen schwenken für Ambazonien

Der anglophone Teil von Kamerun will unabhängig werden. Die Regierung des autoritären Präsidenten Paul Biya schlägt mit aller Macht zurück.

Kameruns Präsident Paul Biya

Keine Gnade für Unabhängigkeitsaktivisten: Kameruns Präsident Paul Biya Foto: reuters

BERLIN taz | Der 1. Oktober ist in Kamerun ein historischer Tag: Im Jahr 1961 stieß an diesem Datum der Südteil der britischen Kamerun-Kolonie zur Republik Kamerun, die 1960 von Frankreich in die Unabhängigkeit unter einem Paris-treuen Regime entlassen worden war.

Dieses Jahr hatten Aktivisten in den „Southern Cameroons“ Großes vor: Am 1. Oktober wollten sie die Unabhängigkeit der Region ausrufen und sich endgültig vom autoritären Regime des seit 1984 regierenden kamerunischen Präsidenten Paul Biya lösen, gegen das sie schon in den 1990er Jahren Demokratieproteste auf die Beine gestellt hatten.

Derart agitiert wird seit Monaten, es hat Streiks, Unruhen, Verhaftungen und Tote gegeben. Am Donnerstag bestätigte der selbsternannte Präsident Sisiku Ayuk Tabe Julius die kommende Unabhängigkeitserklärung.

Kameruns Regierung fackelte nicht lange. Sie schloss am Freitagabend die Grenze zu Nigeria und verhängte über die Unruheregion eine Ausgangssperre. Versammlungen von mehr als vier Menschen sind verboten, der öffentliche Verkehr zwischen den Städten ist eingestellt, Eltern sind aufgerufen, ihre Kinder nicht aus dem Haus zu lassen. Auf Demonstrationen wird „eine harte Reaktion der Streitkräfte“ folgen, so die zuständige Provinzregierung.

Kampfgestälte Eliteeinheiten

In sozialen Netzwerken kursierten am Samstag Fotos von frisch verlegten Militäreinheiten, die auf den Straßen kampieren – darunter kampfgestählte Eliteeinheiten, die vom Krieg gegen Boko Haram im äußersten Norden des Landes abgezogen worden waren. Am Samstag wurde ein Schüler im Ort Kumba, eine Hochburg der sezessionistischen Proteste, während einer „Sicherungsoperation“ erschossen.

Am Sonntag lösten starke Kontingente von Polizei und Armee in mehreren Städten jede Versammlung mutmaßlicher Separatisten mit Gewalt auf. Militärhubschrauber kreisten über den beiden größten Städten Buea und Bamenda. Demonstranten, die die blau-weiße Flagge des unabhängigen „Ambazonien“ schwenkten, wurden mit Wasserwerfern abgedrängt.

Aus Kumbo meldete eine lokale Quelle: „Überall Gewehrfeuer. Das Gefängnis brennt.“ Ein anderer Beobachter berichtete aus Buea: „Leute marschieren, hissen Fahnen und dann kommt das Militär rein.“ In Bamenda sollen zwei Menschen getötet worden sein. Bis Sonntag Abend waren sieben Tote bestätigt.

Die Separatisten tun nun, was sie schon früher bei solchen Gelegenheiten taten: Sie verlassen die Städte und ziehen in die schwerer zu kontrollierenden Dörfer.

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