Skandal um Abgastests: Cash für VW-Diesel

Die Bundesregierung denkt über Entschädigung für Verbraucher nach. In Deutschland sind 2,8 Millionen Autos betroffen.

Pinocchio mit langer Nase über VW-Logo

Gute Abgaswerte also. Können Sie das bitte nochmal sagen? Foto: dpa

BERLIN taz | Das wird teuer für VW. Nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland könnten dem Volkswagen-Konzern Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe drohen. Die Bundesregierung schloss am Freitag nicht aus, dass auch deutschen VW-Diesel-Fahrern eine Entschädigung wegen des Abgasskandals zustehen könnte.

Wenn ein Produkt nicht die vereinbarte Beschaffenheit habe, verletze der Verkäufer seine Pflicht, sagte ein Sprecher des Justizministeriums in Berlin. Das gelte auch, wenn sich der Käufer auf öffentliche Äußerungen des Verkäufers verlassen habe. „Darunter können unter Umständen auch Abgaswerte fallen.“

Ob das im Fall der manipulierten Abgaswerte bei VW-Dieselautos der Fall sei, werde derzeit geprüft. Nordrhein-Westfalens Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) zuvor aufgefordert, mit VW einen verbindlichen Rahmen über Entschädigungszahlungen zu vereinbaren.

Laut Dobrindt sind in Deutschland 2,8 Millionen Wagen aus dem VW-Konzern betroffen, darunter auch leichte Nutzfahrzeuge. Volkswagen müsse erklären, ob man in der Lage sei, die Manipulationen zu beheben. „Wir erwarten einen verbindlichen Zeitplan, bis wann die technische Lösung vorliegt und bis wann sie umgesetzt werden kann“, sagte Dobrindt im Bundestag.

Strafen in Milliardenhöhe

Europas größter Autobauer hatte zugegeben, dass weltweit 11 Millionen Dieselmotoren vom Typ EA 189 mit einer Software zur Manipulierung des Schadstoffausstoßes ausgestattet sind. In den USA sind es knapp 500.000 Fahrzeuge. Dort ermittelt die Justiz, Sammelklagen werden vorbereitet. Zudem droht von der US-Umweltbehörde EPA eine Strafe in Milliardenhöhe.

Als Konsequenz aus dem Skandal hatte VW-Chef Martin Winterkorn am Mittwoch seinen Posten geräumt. Am Freitag beriet der Aufsichtsrat über seine Nachfolger. Die Wahl fiel auf den 62-jährigen bisherigen Porsche-Chef Matthias Müller, der schon vorher als Favorit galt. Für Müller spricht, dass er zwar seit vier Jahrzehnten im Konzern arbeitet und gut mit den Eigentümerfamilien Piëch und Porsche kann – er aber offenbar durch den Abgasskandal nicht belastet ist.

Autokonzerne führen Verbraucher nicht nur bei Emissionen, sondern auch beim Kraftstoffverbrauch systematisch in die Irre. Laut einer Studie des US-Instituts ICCT verbrauchen Neuwagen knapp 40 Prozent mehr Treibstoff als von den Herstellern angegeben. Die durchschnittliche Abweichung zwischen Labor- und tatsächlichem Verbrauch sei in den vergangenen Jahren stark gestiegen, heißt es in der Studie. Danach betrug die Abweichung 2001 8 Prozent, sie habe sich jedoch vervierfacht, nachdem die EU 2009 strengere Abgaswerte eingeführt hatte.

Höhere Spritkosten

Für den Verbraucher bedeutet diese Abweichung laut ICCT höhere Spritkosten von im Schnitt 450 Euro pro Jahr. Ein ab 2017 in der EU geplantes neues Testverfahren soll der Wirklichkeit näherkommen – diese Tests würden die Lücke zwischen Labor und Realität aber nicht schließen, kritisierte das ICCT. Und forderte echte Straßentests.

Die Internet-Anzeigenbörse AutoScout24 sah am Freitag keine Auswirkungen des VW-Abgasskandals in Deutschland. Aktuell gebe es „weder bei den Neu- noch bei den Gebrauchtwagen der VW-Diesel-Fahrzeuge einen Nachfragerückgang. Ebenso wenig sehen wir eine spezielle Veränderung bei den Preisen seit dem Abgasskandal“, hieß es.

Auch die italienische Verbraucherschutzorganisation Altroconsumo kündigte eine Sammelklage an. Die Regierung plant bereits stichprobenartige Kontrollen bei mindestens 1.000 Dieselfahrzeugen aller Marken.

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