Skandalöse Medienfamilie: Der Fall des Hauses Murdoch

Neben US-Fonds will jetzt auch der britische Investment- und Versicherungskonzern Legal & General den Kopf von James Murdoch rollen sehen.

So sehen gute Aussichten nicht aus: James und Rupert Murdoch beim Blick in die Ferne. Bild: dapd

James Murdoch kennt das Gefühl bereits: Wenn am Dienstag um 12.00 Uhr mittags im The Queen Elizabeth II Conference Centre in London die Jahreshauptversammlung des Pay-TV-Riesen BskyB beginnt, wird er durch einen Hintereingang ins Gebäude gekommen sein, um Demonstranten gegen die Telefon-Hacking-Skandale bei Murdochs britischen Boulevardblättern Abhörpraxis auszuweichen.

Genauso war das schon bei der Aktionärsversammlung des familieneigenen internationalen Medienkonzerns News Corporation, zu dem BskyB inklusive des deutschen Ablegers Sky Deutschland gehört. Und genau so wenig wie vor gut vier Wochen wird James Murdoch, als "Chairman" von BskyB so etwas wie der Aufsichtsratsvorsitzende, wieder diversen Abwahlanträgen entkommen, die vor allem US-amerikanische Investoren gegen ihn eingebracht haben.

High Noon mit einem edlen Sheriff mit dem weißen Hut, der den bösen Gauner mit dem Schwarzen wegschießt wie weiland Gary Cooper, wird es zwar nicht werden - dafür ist die Macht der Investoren zu gering und die der Murdochs zu groß. Trotzdem wird die Liste der "Rebellen", die Murdochs Kopf wollen, nach britischen Presseberichten immer länger.

Neben US-Fonds stößt jetzt der einflussreiche britische Investment- und Versicherungskonzern Legal & General dazu. Die Firma ist eine der größten der Branche und auch im FTSE-100-Index gelistet, dem Gegenstück zum deutschen DAX. Der stand bislang immer treu an der Seite von James Murdoch. Jetzt aber gehört Legal und General plötzlich zur Opposition - nicht aus ethischen Erwägungen, sondern wegen eines nach dem Hacking-Skandal geplatzten Deals.

Ethische Empörung plus wirtschaftliche Erwägungen

Es ist eben diese Zange aus ethischer Empörung plus schnöden wirtschaftlichen Erwägungen, die das bekannteste Medienimperium der Welt und seine Herrscherfamilie langsam, aber sicher in die Knie zwingen könnte. Beispiel BskyB: Hier übernahm James 2007 den Job als Chairman von seinem Vater Rupert. Eigentlich wollte sich der Familienkonzern News Corp in diesem Jahr die komplette Aktienmehrheit an BSkyB sichern. Zwar haben die Murdochs über komplizierte Stimmrechtsverteilungen heute schon das Sagen, doch gehören ihnen bislang nur knapp 40 Prozent an BskyB.

Wegen der britischen Medienkonzentrationsgesetze und seines großen Einfluss im Pressemarkt auf der Insel hätte Murdoch allerdings eine Sondergenehmigung der britischen Regierung gebraucht. Die erschien zunächst nur Formsache, zumal die Murdoch-Blätter nach längerer Labour-Unterstützung bei den vergangenen Wahlen mal wieder für die jetzt regierenden Konservativen getrommelt hatten. Doch nach dem Hacking-Skandal und peinliche Fragen nach dem Einfluss von Vater und Sohn Murdoch auf die britische Politik rückte der Deal in weite Ferne. Und die Murdochs zogen ihren Antrag auf die Sondergenehmigung zur BSkyB-Übernahme wieder zurück.

Der Skandal und seine Folgen sind damit jedoch noch längst nicht ausgestanden. Tatsächlich ist bislang nicht einmal das wirkliche Ausmaß geklärt. Bis weit ins nächste Jahre werden polizeiliche Ermittlungen, die Untersuchungen des Medienausschusses im britischen Parlament und die Leveson-Inquiry über den Zustand der britischen Presse und den Einfluss der Murdoch-Blätter auf Politik und Polizei tagen.

Dabei werden immer neue Erkenntnisse ans Licht kommen, und es ist kaum anzunehmen, dass sie weniger belastend sein werden als das, was schon heute bekannt ist. Vater und Sohn Murdoch argumentieren dennoch weiter trotzig, sie hätten von der mindestens 28 Mitarbeiter der mittlerweile eingestellten News of the World betreffenden Hacking-Praxis nichts gewusst, nichts mitbekommen - und zudem seien ihnen wichtige Informationen bis zu diesem Sommer vorenthalten worden. Das ist nicht nur ethisch höchst fragwüdig. Sondern für Unternehmenschefs zudem fatal.

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