Skandinaviens größte Bank zieht um: Der „Konfiskation“ entflohen

Skandinaviens größter Bank ist die schwedische Aufsicht zu scharf. Jetzt zieht Nordea nach Finnland – unter den Schirm der Europäischen Bankenunion.

Die Nordea-Geschäftsstelle mit Logo und Menschen in Helsinki

Nordea zieht um, erste KundInnen wenden sich ab Foto: reuters

STOCKHOLM taz | Selten scheitern Banken mit der Erpressung von Staaten. Nordea, Skandinaviens größter Bank, ist das jetzt passiert. Vergeblich hatte sie seit Jahresbeginn der schwedischen Regierung gedroht, den Unternehmenssitz aus Stockholm abzuziehen, wenn Vorschriften zur Bankenregulierung nicht aufgeweicht und die Erhöhung von Abgaben in den Bankenrettungsfonds nicht rückgängig gemacht würden. Schwedens Finanzministerin Magdalena Andersson wankte, hielt aber stand: Man müsse für den Fall einer Bankenkrise vorsorgen, „wir haben eine Verantwortung für die Steuerzahler“.

Nun zieht Nordea 400 Kilometer über die Ostsee nach Helsinki. Im Euro-Land Finnland und unter dem Schirm der Europäischen Bankenunion will sie dort ihre Geschäfte ungestörter und billiger abwickeln. Und entflieht mit den Worten des Vorstandvorsitzenden Björn Wahlroos der „Konfiskation“ durch den schwedischen Staat, wo man „wie eine Kuh endlos gemolken wird“ mit erhöhten Abgaben, „mit denen wir unmöglich leben können“.

Worum es konkret geht: Mehrkosten für den Einlagensicherungsfonds von jährlich umgerechnet 300 Millionen Euro. Nordea machte im letzten Jahr einen Gewinn von 4 Milliarden Euro.

Dass Stockholm für den Fall einer neuen Bankenkrise etwas mehr Geld in der Kasse haben will, ist nur allzu verständlich. Schweden hat einen relativ großen Bankensektor, allein die Bilanzsumme von Nordea ist ein Sechstel höher als das gesamte Bruttoinlandsprodukt des Landes. In der neuen Heimat Finnland wäre sie sogar dreimal so hoch.

Für Nordea hat sich der Schutz durch die Steuerzahler bestens gelohnt

Nordea und ihre Vorgängerin Nordbanken war in den letzten 25 Jahren schon zweimal mit Milliarden aus der schwedischen Staatskasse gerettet worden. „Nordea hat sehr gut davon gelebt, dass Schwedens Steuerzahler die Verluste der Bank garantiert haben“, empört sich Ulla Andersson, finanzpolitische Sprecherin der Linken: „Wie viele Milliarden jährlich hat man damit verdient?“

Nun werde die Liste der „Too big to fail“-Banken bei der Europäischen Bankenunion um einen Posten länger, kommentierte der Wirtschaftsdienst Bloomberg das Überwechseln von Nordea in ein Euro-Land. Eine Großbank, die ihren Standort danach auswählt, wo die geringsten Anforderungen an sie gestellt werden – das werde deren Ruf in der auch nicht unbedingt imagestarken internationalen Finanzwelt nicht unbedingt stärken, meint Hans Lindblad, Chef der schwedischen Schuldenverwaltung: „Man hat da schon die Augenbrauen gehoben.“

Karl-Petter Thorwaldsson, Vor­sitzender des schwedischen Gewerkschaftsdachverbands LO, spricht von „Gier als Geschäftsmodell“: Man werde den Wechsel zu anderen Banken prüfen. Verschiedene Einzelgewerkschaften und Institutionen haben diesen Schritt bereits angekündigt. Nachdem sich im Gefolge mehrerer Skandale und eines stetig verschlechterten Service bereits Zehntausende Kunden von Nordea verabschiedet hatten, kündigten schon am ersten Tag nach Umzugsbescheid 15.000 SchwedInnen an, diesen Schritt jetzt ebenfalls tun zu wollen.

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