Solidarität mit Afrin: Mit Puppen gegen Waffen

Während die Türkei Afrin bombardiert, gibt es in Bremen viele pro-kurdische Aktionen. Eine von ihnen richtete sich jetzt gegen Waffenexporteur Rheinmetall.

Aktivist*innen unterwegs: Protest gegen die Bremer Repräsentanz deutscher Waffenexporte Foto: Gareth Joswig

Bremen taz | Fast schon traurig fällt eine der mit roter Farbe beschmierten Puppen zu Boden. Den Vorgarten des Rheinmetall-Büros am Bremer Osterdeich hat die Opfer-Attrappe nie erreicht. Sie ist abgeprallt an der aufrechten deutschen Hecke. Eine kalte Windböe reißt sie zu Boden. Der Wind nimmt zu und schleift die farbverschmierte Körperattrappe langsam über den Bürgersteig. Außer dem Schlurfen ist nichts zu hören.

Gleich eine Reihe von Demonstrationen und spontanen Aktionen haben linke und kurdische Aktivist*innen am Mittwoch und Donnerstag in Bremen organisiert. Seitdem die türkische Luftwaffe die Stadt ­Afrin bombardiert, ist die Schlagzahl hoch: Innerhalb von 24 Stunden sind es drei pro-kurdische Kundgebungen.

Aktion gegen Bremer Repräsentanz

Die Demo mit der Puppe richtet sich gegen eine Bremer Repräsentanz der deutschen Waffenexporte in die Türkei. Das Büro von Rheinmetall ist unauffällig, vermutlich wissen nicht einmal die Nachbar*innen, wer in dem Haus sein Geschäft betreibt. Häuserfront und Anstrich sind kackbraun und eine zwei Meter hohe deutsche Hecke umgibt das Haus.

Mit der Puppen-Aktion will das Bremer Bündnis in Solidarität mit Afrin die Nachbarschaft von Rheinmetall aufklären. Die Spontan-Demo ist nicht bei der Polizei angemeldet – am Ende der 15-minütigen Aktion der 25 Aktivist*innen nehmen ein paar Beamte die Personalien auf. Ein paar Nachbarn*innen gucken aus den Fenstern. Einige Gassigänger lassen sich Flyer in die Hand drücken.

Ausfuhrkontrollen wohl umgegangen

Auf den Flyern steht, was ein Aktivist ins Megafon spricht: „Den Angriffskrieg in Afrin führt die Türkei mit deutschen Panzern und Waffen“ – Rheinmetall umginge gezielt Ausfuhrkontrollen, indem es zunehmend Tochterunternehmen in Ländern ohne strenge Exportgesetze ausbaue. Im Januar hatte der Rüstungsriese mit der türkischen und Erdoğan-nahen Firma BMC einen Deal über die Nachrüstung türkischer Panzer geschlossen – gleichzeitig plant der Konzern derzeit eine Panzerfirma in der Türkei.

Den Vorgarten des Rheinmetall-Büros hat die Opfer-Attrappe nie erreicht. Sie ist abgeprallt an der aufrechten deutschen Hecke

Am Donnerstag wurde auch bekannt, dass die Bundesregierung im Januar und Februar offenbar Waffenexporte in die Türkei in Höhe von 4,4 Millionen Euro genehmigte – obwohl der damalige Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) offen das Gegenteil behauptete.

Eine Antwort, wie man zu den Protesten und den Vorwürfen stehe, kommt von Rheinmetalls Unternehmenssprecher Oliver Hoffmann aus Düsseldorf: Man respektiere freie Meinungsäußerung und lasse „kritische Positionen Andersdenkender“ gelten – „dabei bitten wir aber um Fairness“. Zur Fairness von Waffenexporten sagt Hoffmann: „Wir halten den strengen gesetzlichen Rahmen ein.“

Ermittlungen wegen Bestechung

Letzteres nimmt gerade Rheinmetall nicht immer allzu genau: Die Bremer Staatsanwaltschaft ermittelt seit 2013 wegen Bestechung in Zusammenhang mit Rüstungsgeschäften in Griechenland gegen Rheinmetall Bremen und Atlas Electronic und hat jüngst Anklage gegen fünf Personen beim Bremer Landgericht erhoben – auch Steuerhinterziehung ist laut Auskunft des Landgerichts Teil der Anklage. Zu dem Verfahren will sich die Firma allerdings nicht äußern. Die 37 Millionen Euro Bußgeld zahlte der Konzern ohne mit der Wimper zu zucken. Es ist nicht der einzige Korruptionsvorwurf im internationalen Handel.

Aus dem Rheinmetall-Büro in Bremen guckt trotz Lärm und Opfer-Attrappen auf der Hecke niemand raus. Wenn die Toten von Afrin nicht weh tun, tut es das bisschen Protest auch nicht. Gegen den Schmerz helfen ja auch noch die kontinuierlich steigenden Jahresumsätze von drei Milliarden Euro allein aus der Rüstung, die Firmenchef Armin Pappenberger Donnerstag präsentierte. Die Aktionäre des „Depot-Lieblings“ (Handelsblatt) dürfen sich über gesteigerte Ausschüttungen freuen und die Aktie steigt.

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