Spanien muss private Autobahnen kaufen: Nach der Pleite wieder staatlich

In Spanien sind private Maut-Autobahnen bankrott, weil sie kaum jemand nutzt. Nun muss die Regierung sie für bis zu 5,5 Milliarden Euro zurückkaufen.

Ein einzelnes Auto auf einer leeren Autobahn

Freie Fahrt: Die privaten Mautstrecken in Spanien sind offenbar überflüssig Foto: reuters

MADRID taz | Spaniens Krise ist nicht zu Ende. Pünktlich zu Weihnachten hat der Minister für öffentliche Arbeiten, Iñigo de la Serna, eine neue unangenehme Überraschung für den Steuerzahler angekündigt: Neun Maut-Autobahnen sind bankrott. Dank einer Vertragsklausel ist die konservative Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy verpflichtet, diese jetzt aufzukaufen. Die Summe dafür wird sich auf bis zu 5,5 Milliarden Euro belaufen. Nutznießer sind mehrere Großbanken sowie die größten spanischen Bauunternehmen, darunter ACS von Real Madrid Präsident Florentino Pérez.

Insgesamt sind 625 Kilometer von der Notverstaatlichung betroffen. Fünf der neun Autobahnen laufen sternförmig auf Madrid zu und sollen den Verkehr auf den parallel dazu verlaufenden regulären Autobahnen entlasten. Zweit weitere Schnellstraßen befinden sich an der Mittelmeerküste, eine in Zentralspanien, und eine verbindet den Madrider Autobahnring mit dem Flughafen. Die Verstaatlichung sei nötig, um sicherzustellen, dass „die Autobahnen weiterhin befahrbar sind und die Bürger sie nutzen können“, erklärt De la Serna.

Doch genau hier liegt das Problem. Die Autobahnen, die alle unter der ebenfalls konservativen Regierung von José María Aznar gebaut wurden, sind leer. Täglich benutzen sie nur knapp 19.000 Spanier. Die Regierung Aznar setzte Anfang der 2000er Jahre auf private Finanzierung von Infrastruktur, um das staatliche Defizit in Grenzen zu halten. Die Bauherren der Autobahnen sollten mittels Maut ihre Auslagen sowie Gewinne erwirtschaften. Doch ohne Kunden funktionierte das nicht.

De la Serna will jetzt mit den Banken verhandeln, damit diese auf die Hälfte ihrer Schulden verzichten. Doch das wird nicht leicht. „Viele Banken haben ihre Schulden weiterverkauft“, sagt der Minister. De la Serna muss jetzt mit den Finanzinvestoren verhandeln.

Verkehrsexperten hatten von Anfang an vor dem Bau der Mautstrecken gewarnt. Die Schätzung des Verkehrsaufkommens sei völlig überhöht gewesen. Vor allem bei den Autobahnen in Madrid gingen die Vorhersagen von neuen Siedlungen aus, die entlang der Schnellstraßen entstehen sollten. Nur wenige wurden gebaut. Als die Spekulationsblase im Immobiliensektor platzte, waren die Autobahnen dem Tod geweiht.

Olga Ruiz, Verbraucherschützerin

„Neue Schulden, um Banken und Baukonzerne zu retten“

Die Konzerne, die die Straßen bauten, sind zugleich Betreiber. Das führte zu völlig überhöhten Baukosten. Ein spanischer Autobahnkilometer war zu Zeiten Aznars doppelt so teuer wie in Deutschland, oft bei schlechterer Qualität. Vor allem bei der Enteignung der Ländereien für die Straßen bezahlten die Baukonzerne Unsummen.

Verbraucherverbände sind empört. „Während die Regierung nichts dagegen tut, dass bedürftigen Familien Strom und Gas abgedreht werden, akzeptiert sie neue Schulden, um einmal mehr Banken und Baukonzerne zu retten“, erklärt die Vorsitzende des Verbraucherverbandes Facua, Olga Ruiz.

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