Spannende Weihnachtszeit: „Ich liebe Menschen mit Fehlern“

Der Bremer Nils Willbrandt hat den TV-Thriller Der Thriller „Mörderisches Tal -Pregau“ geschrieben und inszeniert, der in Österreich spielt

Trotz stereotyper Gesten: Der Thriller vom mörderischen Tal Pregau ist spannend. Foto: Petro Domenigg (degeto)

taz: Herr Willbrandt, wie kommt ein gebürtiger Bremer dazu, in Österreich einen Film zu machen?

Nils Willbrandt: Ich bin als 18-Jähriger aus Bremen weggegangen und habe dann in München und Hamburg studiert. Später habe ich mich umgeschaut, wo ich meine Geschichten überhaupt erzählen kann. Dabei ergab sich irgendwann eine bestimmte Verbundenheit mit den Österreichern, die ich gar nicht richtig begründen kann. Vielleicht haben die Wiener und die Norddeutschen ja einen ähnlichen Schmäh. Jedenfalls gab es dann plötzlich in Österreich Freunde und Leute, die meine Arbeit mochten, mit denen ich solch ein großes Ding auf die Beine stellen konnte.

Ihr Vierteiler „Mörderisches Tal – Pregau“ wirkt mit seinem schwarzen Humor wie ein Krimi der Wiener Tradition. Aber spielt das Norddeutsch-Sein eine Rolle?

Absolut! Es ist wohl einfach so, dass meine abgründige Art, eine Geschichte zu erzählen, da gut funktioniert hat.

Was war die Grundidee für diese knapp sechs Stunden lange Geschichte vom Untergang der Mächtigen in einem Dorf in der Provinz?

Der Kernpunkt von all meinen Filmen ist ja die Ambivalenz des Menschen. Wie wir darum kämpfen, gut zu sein, aber es dann doch nie ganz schaffen.

In ihrem Vierteiler entsteht die Spannung dadurch, dass man sich ständig fragt, ob jemand aus einer scheinbar heillos verfahrenen Situation wieder herauskommt. Und bis auf die ganz Schwachen gibt es keine wirklich positiven Figuren. Ist es nicht ein Wagnis, solch eine pessimistische Geschichte im Fernsehen zu erzählen?

50, hat Film an der Universität Hamburg studiert und lebt in Berlin. Er hat „Tatort“- und „Polizeiruf 110“-Folgen inszeniert. Für die Verfilmung des Romans „Tante Semra im Leberkäseland“ bekam er 2014 den europäischen Medienpreis „Civis“.

Es ist tatsächlich schwer, so etwas im Fernsehen zu schildern, weil es im Grund ein total empathisches Medium ist, bei dem die Zuschauer ihre Helden gerne rückhaltlos lieben, aber ich liebe nun mal Menschen mit Fehlern.

Mit dem Polizisten Hannes gibt es einen eher gebrochenen zentralen Helden, der auch der Erzähler ist. Warum erzählen Sie das so?

Das gibt dem Film von Anfang an eine Perspektive. Man muss ja zugeben, dass ich da sehr viele Figuren auftische, und da haben wir versucht, ein so starkes Zentrum zu finden, dass der Zuschauer merkt, wie sich alle um diesen einen Kerl zentrieren. Denn die Kerngeschichte ist die seines Versagens. Ich wusste, es gibt 53 Personen, die sind sehr schräg und die Geschichte ist ungeheuer komplex. Wir haben das dann auch in Kinos getestet und dabei gemerkt, dass die Zuschauer das alles aufnehmen können.

Nun wird „Mörderisches Tal – Pregau“ von der ARD über die Weihnachtsfeiertage ausgestrahlt. Was denken sie über diese Terminierung?

Ich habe mich gewundert, aber als Filmemacher stecke ich in diesem ganzen Terminierungsprozess ja nicht drin. Ich habe keine Ahnung, ob das gut oder schlecht ist, aber solch ein großes Forum ist natürlich erst einmal ein Geschenk. „Pregau“ lief schon in Österreich beim ORF mit sehr gutem Erfolg und da wurde er im September am Montag, Dienstag, Freitag und dem nächsten Montag gezeigt.

Wieso hat Ihr Film in Österreich einen anderen Titel?

Bei mir hieß der Film immer nur „Pregau“. Die Österreicher haben dann „Kein Weg zurück“ hinzugefügt und in Deutschland heisst er jetzt „Mörderisches Tal“. Das geht vom Sender aus. Da geht es um eine möglichst klare Genrepositionierung.

Ihr Pregau wirkt wie die Hölle auf Erden, also ein Genreparadies. Schon, dass das wichtigste Unternehmen des Ortes die Tierkörperverwertungsanstalt ist, klingt gruselig. Ist das alles erfunden?

Es gibt diesen Ort in Österreich wirklich, mit der gleichen Firma, der Familie und der Autobahn-Ausfahrt. Nur heißt er natürlich anders. Ich bin da mal vorbeigefahren und hab’ gedacht, das ist wohl kein schönes Touristendorf.

Hatten Sie als Deutscher Schwierigkeiten mit der österreichischen Kultur?

Ich hatte da schon Schwierigkeiten, die geheimen Informationen der Kultur richtig zu lesen. Ich verstehe nicht immer den Subtext der österreichischen Botschaften und umgekehrt geht es denen ähnlich. Mein Film ist also ein kultureller Zwitter.

Könnten Sie als nächstes nicht zu ihren Wurzeln zurückkehren und ein ähnliches Epos über ein Dorf in Niedersachsen machen?

Unbedingt! Das habe ich auch schon geschrieben. Ich bin als Zehnjähriger von Bremen aufs Land nach Leeste bei Brinkum gezogen und in einer Reihenhaussiedlung groß geworden. Mein Drehbuch heißt „Die Siedlung“ und spielt genau dort.

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