Spielemesse Gamescom in Köln: Resterampe mit ein bisschen Politik

Viel Spannendes gab es auf der Gamescom 2019 nicht. Wenn es mal nicht peinlich wurde, fanden sich neben dem Getöse ein paar schöne Ideen.

Ein Raum, in dem Menschen konzentriert auf Bildschirme schauen, im Vordergrund eine Frau mit Kopfhörern

Gaming ist eine ernste Angelegenheit Foto: reuters

KÖLN taz | Da kommen fünf Politiker und Politikerinnen zusammen, um über wichtige Themen zu sprechen: Netzausbau, Videospiele als Wirtschaftsfaktor, der Umgang mit Spielen in Deutschland. Das könnte interessant sein, stattdessen wird aber ein Trailer zu „Die Sims 4“ gezeigt. Der Trailer stoppt und dann die Frage: Wie geht es wohl weiter? Drei Optionen werden angezeigt, richtig ist: Die im Trailer gezeigte Frau verwandelt sich in eine Meerjungfrau. Fragende Gesichter im Publikum.

Es ist „Debatt(l)e Royale“, die Eröffnungsrunde für den Gamescom Congress, auf dem diverse politische und kulturelle Themen rund um Videospiele diskutiert werden. Gekommen sind: Paul Ziemiak (CDU), Lars Klingbeil (SPD), Linda Teuteberg (FDP), Jörg Schindler (Die Linke) und Michael Kellner (Die Grünen). Moderiert wird die Runde vom YouTuber Peter Smits sowie der E-Sports-Moderatorin Melek Balgrün.

Die erste Frage beantwortet Lars Klingbeil richtig. Er bekommt zehn Sekunden auf sein Sprecher-Konto für das Statement am Ende der Talkrunde gutgeschrieben. „Endlich einmal vorne liegen“, sagt er. Bei der nächsten Frage gibt es dann direkt technische Probleme. Eher fraglich, ob das alles die richtigen Mittel sind, um Videospiele als kulturelles Medium ernstzunehmen. Demnächst auf der Frankfurter Buchmesse: Erraten Sie, wie es in „Moby Dick“ weitergeht. Über die wichtigen Themen wurde dann aber doch noch gesprochen, wenn auch vor allem in Allgemeinplätzen.

Ansonsten aber wurden im Rahmen des Kongresses interessante Themen besprochen. Wie können Videospiele für Integration genutzt werden? Wie erzählen Games anders als etwa Literatur? Oder es wurde Einblick gewährt in die Games-Szene von Afrika.

Demos und Auslaufmodelle

Insgesamt aber war auf der Gamescom die Themenarmut recht deutlich zu spüren. Im kommenden Jahr wird die nächste Konsolengeneration von Microsoft und Sony auf den Markt kommen. Momentan befinden wir uns am Ende des Lebenszyklus von PlayStation 4 und Xbox One. Dementsprechend werden viele neue Spiele wohl erst 2020 angekündigt, um zeitgleich mit den brandneuen Maschinen veröffentlicht zu werden.

2019 verbreitete die Gamescom daher einen Hauch von Resterampenatmosphäre. Sicherlich, es standen Blockbuster wie das dystopische „Cyberpunk 2077“ im Mittelpunkt – zu dem es jedoch nur ein Demo zu sehen gab. Selber spielen konnte man nicht. Ebenso sah es bei „Death Stranding“ aus, das bereits im Oktober erscheinen soll. Es handelt sich um ein mysteriöses Projekt, dessen Plot noch immer für große Verwirrung sorgt. Irgendwas mit Babies, die in Kanistern am Körper getragen werden und einer Parallelwelt, in der Geister leben. Oder so ähnlich.

„Death Stranding“ nahm denn auch die große Bühne der Eröffnungs-Zeremonie in Anspruch, die am Abend vor der Eröffnung in alle Welt gestreamt wurde. Wie ein Star wurde der Entwickler Hideo Kojima gefeiert, der für das Spiel verantwortlich zeichnet. Kojima erklärte, dass er sich trotz Crunch-Time die Zeit genommen habe, um nach Köln zu kommen. Crunch ist die letzte Phase einer Spielentwicklung, bei der die Entwickler*innen oftmals durcharbeiten bis kurz vorm Umfallen – alles, damit das Veröffentlichungs-Datum eingehalten werden kann. Eine Praxis, die zuletzt stark kritisiert wurde. Nicht jedoch auf der Bühne in Köln. Lieber schnell zum nächsten Trailer schalten.

Neben dem Getöse und den Blockbuster-Titeln gab es jedoch auch einige interessante Projekte zu sehen. Etwa „Through the Darkest of Times“, ein deutsches Strategie-Spiel, das sich mit dem Widerstand während der NS-Zeit auseinandersetzt. Oder „Planet Zoo“, in dem die Spieler*innen versuchen müssen, Parks zu errichten, um Tiere vor dem Klimawandel zu retten. Sie lernen hier, wie Tiere artgerecht leben können.

Und dann gibt es diese Spiele, die wirklich interessant werden könnten – wenn die Studios sich durchringen, politischen Diskursen nicht auszuweichen. „Watch Dogs: Legion“ hätte dieses Potential. Es lässt die Spieler in einem Post-Brexit London spielen. Ein autoritärer Staat herrscht und eine Untergrund-Organisation versucht sich durch das Hacken der Überwachungsstrukturen gegen diesen zu wehren. Könnte wirklich interessant werden – oder aber ein weiteres Spiel, in dem es vor allem ums Schießen geht. Im Zweifelsfall muss eben geschaut werden, was die nächste Konsolengeneration bringt.

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