Spitzenkandidat der Brandenburger SPD: Gesichtsverlust im Wahlkampf

Brandenburgs SPD lässt ihren Spitzenkandidat zur Europawahl fallen. Simon Vaut hatte sich in Lügen verstrickt – etwa zu seinem Wohnsitz.

Porträtfoto von Simon Vaut, den Europawahl-Spitzenkandidat der SPD Brandenburg

Simon Vaut hatte auch bei seiner angeblichen Liebe zur Brandenburgerin „Doreen“ getäuscht Foto: SPD Brandenburg

BERLIN taz | Eigentlich haben Brandenburgs regierende Sozialdemokraten genug Probleme: Miese Umfragewerte und Koalitionszoff mit den Linken wegen des umstrittenen Polizeigesetzes prägten die vergangenen Monate. Nun ist ihnen auch noch ihr Spitzenkandidat für die Europawahl am 26. Mai abhandengekommen.

Der 41-jährige Simon Vaut sollte eigentlich für die Brandenburger SPD ins Europaparlament ziehen. Im vergangenen September hatte er sich in einer Kampfabstimmung gegen die Favoritin der Parteispitze, die frühere Juso-Chefin Maja Wallstein, durchgesetzt. Auf seiner Website schaut er noch lächelnd auf einen brandenburgischen See und verkündet, „überall in Brandenburg mit Leidenschaft und Kompetenz für Europa und die SPD“ überzeugen zu wollen. Doch daraus wird nun nichts.

Denn der Regierungsrat im Bundeswirtschaftsministerium entpuppte sich als Lügner. Der Lokalfernsehsender SKB hatte berichtet, dass Vaut – anders als von ihm behauptet – gar nicht in Brandenburg an der Havel lebt sondern in Berlin. Das Wahlrecht lässt zwar zu, dass Kandidaten in anderen Bundesländern ihren Erstwohnsitz haben, die Partei nimmt es aber genauer. Für gewöhnlich sollen Spitzenkandidaten auch tatsächlich im jeweiligen Bundesland leben.

Dazu kam, dass Vaut der Partei zur Nominierung auch noch seine angebliche Lebenspartnerin „Doreen“ vorgestellt hatte. Aus Liebe zur ihr sei er nach Brandenburg gezogen. Doch „Doreen“ ließ nun die Geschichte platzen und erzählte alles dem Lokalfernsehen – inklusive Protokollen von Chats mit Vaut. Auch Vaut räumte mittlerweile ein, „Doreen“ sei nicht seine Freundin, sondern nur eine Bekannte aus der Hauptstadt.

Partei wirft Vaut bewusste Täuschung vor

Brandenburgs SPD-Parteichef und Ministerpräsident Dietmar Woidke ließ Vaut am Dienstag fallen. Die Partei wirft Vaut bewusste Täuschung vor. „Wir werden für ihn ab sofort keinen Wahlkampf mehr machen“, sagte Generalsekretär Erik Sohn. In der Potsdamer Parteizentrale dürften wohl einige Plakate geschreddert werden. „Er ist aufgefordert alle Termine abzusagen.“ Die Kandidatur zurückziehen kann weder die SPD noch Vaut selbst. Die Frist dafür ist am 15. März abgelaufen.

Woidke sprach von einer schweren persönlichen Enttäuschung. „Sollte er in das EU-Parlament gewählt werden, dann erwarte ich, dass er das Mandat nicht annimmt“, sagte der Parteichef. Laut SPD habe Vaut inzwischen zugesagt, auf das Mandat zu verzichten. Er werde dies noch schriftlich erklären. Vaut selbst äußerte sich bisher nicht zu einer entsprechenden Anfrage der taz.

Da die SPD für die Bundesliste Ersatzbewerber aufgestellt hat, würde die ursprünglich unterlegene Maja Wallstein Vauts Mandat übernehmen. Die 33-Jährige war von 2015 bis 2017 Juso-Landeschefin. Sie stammt aus Cottbus und ist Referentin für Kommunikation und Internationales der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

Fraglich, ob die Stimmen reichen werden

Ob es dazu kommt ist allerdings fraglich. Denn Vaut stand ohnehin nur auf Listenplatz 22. Um so viele Mandate in Brüssel zu gewinnen, müsste die Partei rund 23 Prozent der Stimmen in Deutschland abräumen. Zuletzt lag sie in den Umfragen aber nur zwischen 16 und 19 Prozent.

Die Brandenburger SPD versucht nun den Schade nach dem Lügenskandal möglichst zu begrenzen. Als Woidke am Mittwoch Maja Wallstein als Ersatzkandidatin vorstellte, zeigte er sich erschüttert über die Tragweite des Falls. „Jetzt ist durch das Öffentlichwerden der Lügen, der Täuschung, die es gegeben hat, ein Riesenschaden für die Brandenburger SPD entstanden“, sagte Woidke in Potsdam. „Wir werden dieses Kapitel abschließen, wir gucken nach vorne.“

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