Spitzenkandidatensuche der Grünen: Drei Männer legen sich ins Zeug

Im ersten Urwahlforum für die Basis stellen sich die vier möglichen Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl vor. Eine kann dabei ganz entspannt sein.

drei Männer und eine Frau, sie macht ein Selfie von allen

Zwei aus vier: Die Grünen Spitzenkandidaten-Kandiaten machen sich ein Bild Foto: dpa

HANNOVER taz | Auf dem Vorplatz des Sprengel-Museums in Hannover hat sich die grüne Basis versammelt, sie wartet auf Einlass. Es ist kalt, etwa 300 Mitglieder sind gekommen, um beim ersten Urwahlforum dabei zu sein. Einige werden ungeduldig, 18 Uhr sei doch Einlass gewesen. „Wir sind die Basis“, ruft jemand und lacht.

Ende Januar wählen die Grünen-Mitglieder das Spitzenduo für die Bundestagswahl. Beim Urwahlforum stellen sich die Kandidat*innen zum ersten Mal vor. Zehn solcher Foren wird es bis Januar geben. Eine Frau soll dem Team angehören. Unter den vier Bewerber*innen gibt es nur eine Frau, Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende im Bund. Sie ist quasi gesetzt, obwohl sie das selbst nicht gern hört. Anton Hofreiter, Fraktionschef im Bund, Cem Özdemir, Parteichef, und Robert Habeck, Umweltminister von Schleswig-Holstein, kämpfen um den verbleibenden Platz.

Die Grünen wollen zurück in die Bundesregierung. Seit mehr als zehn Jahren sind sie in der Opposition. Der Saal ist voll, die Menschen stehen auf der breiten Treppe. „Bei 320 Anmeldungen haben wir dichtgemacht“, sagt Meta Janssen-Kucz, Landesvorsitzende in Niedersachsen. Vor allem die Unterschiede zwischen den Kandidat*innen möchte die Basis sehen.

Gespannt sind viele auf Robert Habeck, das unbekannte Gesicht des Urwahlkampfs. Sympathien hegen viele für Anton Hofreiter, den Bayer mit der tiefen Stimme und dem murmelnden Dialekt. „Ich habe ihn einmal erlebt, der konnte selbst meine 80-jährige Kollegin begeistern“, sagt Hajo Janssen, ein Links-Grüner aus dem Landkreis Weser-Marsch.

Die Basis will den Kampf sehen

Der unbekannte Habeck möchte aufmischen, er will ein Anti-Establishment-Kandidat sein. Einer, der noch nicht dem verkrusteten Polit-Sprech verfallen ist. „Wir müssen schon versuchen, mehrheitsfähig über unser enges, eigenes Milieu zu werden“, sagt er. Im Gegensatz zu seinen Kolleg*innen sucht er den Streit mit der Konkurrenz. Er sei beunruhigt von der Debattenkultur in der Partei, kritisiert den Kompromiss zur Vermögensteuer, die stehe symbolisch für Schwarz-Grün oder Rot-Rot-Grün, für Kretschmann oder Trittin. „Man kann gar nicht mehr normal reden“, sagt er. Die Diskussion wird zum Kampf und den will die Basis sehen. Özdemir hatte vor Kurzem mit einer Flugverbotszone über Aleppo gedroht. „Wer soll die denn durchsetzen?“, empört sich Habeck.

Özdemir, der Realo aus Baden-Württemberg, will politische Inhalte durch persönliche Anekdoten erzählen. Er erzählt von seinem Sohn, der neulich noch die Kita besuchte, als es um die Reduktion des Fleischkonsums in öffentlichen Einrichtungen geht. Ein Gesetz brauche man nicht, die Eltern seien da schon hinterher. Europa und Integration, das sind die Themen, mit denen er punkten möchte. „Wir sind die Partei, die die Europafahne in die Luft hält“, ruft er und ballt die linke Faust, der Rest seines Satzes geht im Geklatsche der Menge unter.

„Ich bin der Öko“, sagt Hofreiter, das unterscheide ihn von den anderen Kandidaten. „Mit unseren Lösungen geht es euch besser“, ruft er, das will er vermitteln: konkret werden. „Bei einem steigenden Meeresspiegel kann man schlecht verhandeln“, sagt er, der Saal klatscht. Ohnehin hat man das Gefühl, dass die Basis in Hannover „den Toni“ am liebsten als Spitzenkandidaten sehen würden. Aber würde der Linke genug Stimmen außerhalb des „engen Milieus“ bekommen? Die Frage stellen sich viele.

Wenn Hofreiter spricht, klatscht auch Trittin. „Anton, in welchem Ministeramt siehst du dich in einer schwarz-grünen Koalition?“, lautet eine Frage aus dem Saal, vorgelesen von der Moderatorin. „Ey, Leute“, sagt Hofreiter und dann: „Es genügt nicht, wenn ihr uns drei Dienstwagen gebt.“ Das hätte die CDU bei den letzten Sondierungsgesprächen angeboten.

Robert Habeck, Anwärter

„Du kannst auch zehn

Kühe scheiße halten“

Katrin Göring-Eckardt wirkt entspannter als ihre Kollegen, kein Wunder, eigentlich hat sie nichts zu verlieren. Sie will die Autoindustrie unter Druck setzen, es gehe jetzt um „Ökonomie und Ökologie“. Der große Showdown kommt zum Schluss: Habeck und Hofreiter streiten um das Wort „Massentierhaltung“.

Die sei so nicht definiert, sagt Habeck. Hofreiter hält dagegen, man wisse doch, was Massentierhaltung sei. Habeck fällt Hofreiter ins Wort: „Du kannst auch zehn Kühe scheiße halten“, ruft er. Die Menge johlt, buht, klatscht. Am Ende fällt es schwer, einen klaren Sieger ausfindig zu machen. „Wenn man die drei zusammenpacken würde, wäre es perfekt“, sagt Barbara Krüger, Grünen-Mitglied und Teil der Basis.

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