Steigende Jugendarbeitslosigkeit: Rückzug in die Resignation

Immer mehr junge Arbeitslose in Europa und Nordamerika ziehen sich vom Arbeitsmarkt zurück und fallen aus der Statistik. Vorbildliche Modelle gibt es in Skandinavien.

In Griechenland und Spanien liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei über 50 Prozent. Bild: dpa

GENF taz | Schlechte Gründe für eine verbesserte Statistik: Die Jugendarbeitslosigkeit in den Industriestaaten Europas und Nordamerikas mit einer Rekordhöhe von derzeit durchschnittlich 17,5 Prozent wird bis 2017 voraussichtlich auf 15,6 Prozent sinken.

Dies allerdings nicht, weil die zumeist hervorragend ausgebildeten 15- bis 24-Jährigen einen festen, anständig bezahlten Arbeitsplatz fänden. Sondern deshalb, weil sie sich chancenlos und resigniert vom offiziellen Arbeitsmarkt zurückziehen und damit aus den Arbeitslosenstatistiken herausfallen.

Diese Entwicklung http://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---ed_norm/---relconf/documents/meetingdocument/wcms_176268.pdfprognostiziert die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) in Genf in einer am Dienstag veröffentlichten Studie. Im weltweiten Durchschnitt rechnet die ILO für die nächsten Jahre mit einem leichten Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit von 12,7 auf 12,9 Prozent – wesentlich mitverursacht durch die Krise im Euroraum.

Mit dem Rückzug aus dem offiziellen Arbeitsmarkt vollzieht sich nach Beobachtung des Hauptautors der ILO-Studie, Eckehard Ernst, zunehmen auch in westlichen Industriestaaten eine ähnliche Entwicklung wie in vielen Ländern des Südens: „Immer mehr junge Leute verlieren nach unzähligen erfolglosen Bewerbungen die Hoffnung und wenden sich dann oft informellen Tätigkeiten zu.“

In den 25 von der ILO-Studie erfassten Industriestaaten Europas und Nordamerikas läge die Arbeitslosigkeit selbst bei dem prognostizierten statistischen Rückgang auf 15,6 Prozent bis 2017 immer noch deutlich über der Marke von 12,5 Prozent im Jahr 2007 – dem letzten Jahr vor der globalen Finanz- und der Eurokrise.

Dabei verschleiern die Durchschnittswerte das dramatische Ausmaß der Jugendarbeitslosigkeit in einigen Ländern: In Griechenland und Spanien liegt sie jeweils bei über 50 Prozent, in den nordischen Staaten Schweden, Finnland, Norwegen und Dänemark sowie in Deutschland und der Schweiz bei zum Teil deutlich unter 10 Prozent.

Schweden und die anderen nordischen Staaten haben diese vergleichsweise niedrigen Quoten erreicht durch Beschäftigungsgarantieren und Qualifizierungsmaßnahmen für Jugendliche sowie durch Steuererleichterungen für Unternehmen, die mehr Jugendliche einstellen.

Die Kosten für derartige Programme betragen laut ILO zumeist weniger als ein halbes Prozent des Bruttosozialprodukts dieser Ländern. Die ILO ruft die Regierungen und die Wirtschaft aller anderen Staaten auf, entsprechende Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit zu ergreifen.

Schuldenkrise und Rückgang des Welthandels

Nach Analyse der ILO sind die Euro-Schuldenkrise und der zum Teil durch diese Krise bedingte Rückgang des Welthandels und des globalen Wirtschaftswachstums eine der Hauptursachen für den prognostizierten statistischen Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit in Asien, Afrika und Lateinamerika bis 2017.

Die stärkste Zunahme erwartet die ILO für den Nahen Osten – von derzeit 26,4 auf 28,4 Prozent. Für die Region Südostasien/Pazifik rechnet die ILO mit einer Zunahme der Jugendarbeitslosigkeit von 13,1, auf 14,2 Prozent.

Sollte es, wie unter anderem von der Welthandelsorganisation (WTO) befürchtet, bis Ende 2012 zu einer globalen Rezession kommen, könnte der Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit noch stärker ausfallen, heißt es in der ILO-Studie.

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