Steile Karriere: „Jan Cux muss so bleiben, wie er ist“

Das Maskottchen von Cuxhaven hat es als Aufkleber bis nach Australien geschafft. Die Figur gilt als Wahrzeichen der Stadt

Wie alt ist dieser Jan Cux eigentlich: „Forever Young“, sagt die Schwiegertochter seiner Schöpferin. Foto: Jean-Philipp Baeck

taz: Frau Modlinger, Cuxhaven erstickt gerade unter einem Schuldenberg von über 330 Millionen Euro und versucht sich mit einer Bettensteuer notzubeatmen. Hat das Maskottchen versagt, dieser Matrose in blauer Hose, mit einem frechen blonden Schopf und der Pudelmütze auf dem Kopf – wie er in einer ihm gewidmeten Hymne beschrieben wird?

Christine Modlinger: Nein, Jan Cux ist ein Erfolgskonzept und wirbt weltweit als Botschafter für Cuxhaven. Sogar in Australien habe ich Aufkleber mit seinem Konterfei gesehen.

Wie ist dieser Typ entstanden?

In den 50er-Jahren in der Schillerstraße 33 des Cuxhavener Lotsenviertels wurde er geboren. Dort lebte die Künstlerfamilie Roos-Moldenhauer. Die Malerin und Schriftstellerin Magda Roos hatte eine Kolumne in den Cuxhavener Nachrichten unter dem Titel „Bürger Cux meint“ mit einer entsprechenden Figur illustriert. Grafiker Kurt Moldenhauer, der Werbung für die Fischindustrie und Logos entworfen hat, war mit Magdas Schwester Elfriede Roos verheiratet. Er entwickelte dann mit Magda aus dem Bürger den Jan Cux. Der sah aber noch ganz anders aus. In den 1970er-Jahren hat Moldenhauer im Auftrag der Kurverwaltung die Vorlage zur heute bekannten Werbefigur umdesignt.

Was hat er geändert?

In der früheren Fassung war Jan Cux ein älterer, schmalerer Seemann mit Pfeife im Mund. Heute ist er, mit wenigen Strichen entworfen, ein kleiner, frecher, blonder Junge, Nichtraucher, aber weiterhin an blauer Mütze und blauem Anzug erkennbar. Dabei so freundlich einladend, dass man ihn gerne mitnimmt. Das Vorbild für die neue Gestaltung war Magdas Sohn Andreas, mein heutiger Ehemann.

Es sind also sie mit Jan Cux verheiratet? Ich dachte, Cuxi wäre das.

Das ist sein weiblicher Pedant, das hat Moldenhauer nach dem Vorbild seiner Nichte Regina 1973 gestaltet – als fegende Müllfrau für eine Werbekampagne der Cuxhavener Stadtreinigung.

ist Geschäftsführerin des KCM-Verlags und die Schwiegertochter der Jan-Cux-Schöpferin, sie lebt in Cuxhaven und München.

Die klebte an den Mülleimern?

Nein an den Müllwagen, was wohl sehr erfolgreich war, denn dann hat sie sich ja emanzipiert und ist auch in die Touristikbranche gewechselt.

Wem gehört die Figur heute?

Die Urheberrechte blieben natürlich in unserer Familie, die Stadt- beziehungsweise Kurverwaltung hat die Namens- und Bildrechte gekauft, heute gehören sie der Nordseeheilbad GmbH, die auch das Merchandising betreibt.

Die verdienen an jedem Aufkleber, von denen jährlich 250.000 gedruckt werden?

Nur die, wir verdienen nichts.

Die Gleichstellungsbeauftragte Cuxhavens zeigte sich irritiert, dass Cuxi im Gegensatz zu Jan Cux ein Vorname verweigert wird. Warum?

Spannende Frage, aber damals hat man sich über solche Ungleichbehandlung noch keine tiefgreifenden Gedanken gemacht, sondern fand wohl Cuxi einfach passend für diese weibliche Figur, die so niedlich ausschaut mit ihren roten Zöpfen.

Heute werden Schiffe, Events, Ferienwohnungen und sogar ein Nudelsalat nach Jan Cux benannt.

Das bringt mich zum Schmunzeln und ich bin auch ein bisschen stolz darauf. Kurt Moldenhauer und Magda Roos würde es gefallen, sie waren mit Leib und Seele Cuxhavener.

Wie alt ist Jan Cux?

Forever young!

Stimmen denn die Gerüchte, dass er eine intime Beziehung zu Cuxi unterhält?

Er hat eine eher freundschaftliche, geschwisterliche Beziehung zu ihr.

The next Cuxi-Generation – also Kinder sind nicht zu erwarten?

Nein.

Eine vergebene Chance, der Figur mal ein Relaunch, beispielsweise ein Basecap zu verpassen?

Dann ginge die Originalität der Figur, ihr Küstenbewohnercharme verloren. Jan Cux kommt ja für Baustellenschilder schon mit Arbeitshelm zum Einsatz, wirbt mit Sonnenbrille für Veranstaltungen, das reicht. Der Ur-Jan-Cux muss so bleiben wie er ist: mit Pudelmütze.

Wie läuft seine Karriere?

Er ist in den letzten Jahren auf immer mehr Tassen, Handtüchern, Gummibällen zu sehen …

… gibt es auch Gummibärchen in Jan-Cux-Form?

Gute Idee, das sollten wir mal anregen.

Aber Jan-Cux-Darsteller gibt es bereits.

Ja, das begann gleich in den 1970er-Jahren, als Kinder engagiert wurden und entsprechend kostümiert auf Veranstaltungen auftraten. Eines von ihnen war Jörg Itjen. Heute hole ich meine Brötchen bei ihm, aber da trägt er keine Cux-Mütze mehr.

Es gab Nachfolger, der letzte ging zur Jahrtausendwende in Rente.

Seither gibt es junge Erwachsene, die in detailgetreuen Ganzkörperkostümen als Walking-Act Jan Cux und Cuxi darstellen. Zum Beispiel bei seiner Geburtstagsparty am 6. August, vor seinem Geburtshaus in der Schillerstraße veranstalten wir ein Kinderfest.

Und Sie erinnern auch an Magda Roos.

Ja, eine Ausstellung mit ihren Gemälden wird sie unter dem Titel „Saison in Cuxhaven“ bis 27. August im Kabinett des Künstlerhauses anlässlich der 200-Jahr-Feier des Seebads als völlig autarke Künstlerin zeigen.

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