Streit über Akteneinsicht: Sensible Daten im Parlament

Die CDU-Fraktion polemisiert gegen die Sozialbehörde, weil die Daten nicht rausrückte. Andere Fraktionen plädieren dagegen für einen vertraulichen Umgang.

Auch Sozialamts-Akten sind nicht bei jedem Anfangsverdacht gleich offenzulegen. Bild: Jan Zier

Die CDU-Fraktion hat in der Bürgerschaft das Sozialressort für seinen Umgang mit vertraulichen Daten in einem Verdachtsfall auf Kindesmissbrauch angegriffen – und dafür von den anderen Parlamentariern scharfe Kritik kassiert. Während die CDU am Mittwoch gegen „organisierte Kindeswohlgefährdung“ polemisierte, warnten die Linke und die SPD davor, das Thema für Wahlkampfzwecke zu instrumentalisieren.

Vorausgegangen war ein Streit zwischen dem Sozialressort und der Bremer Staatsanwaltschaft. Das Amt für Soziale Dienste in Walle hatte sich mit Verweis auf den Sozialdatenschutz geweigert, Ermittlern bei einem Verdacht auf Kindesmissbrauch Daten weiterzugeben.

Ein Mitarbeiter des Amtes hatte den Fall zuvor zwar der Kriminalpolizei gemeldet. Später hatte das Amt die Ermittler vergrätzt, weil es sich sogar weigerte, Namen und Adressen der Informantin rauszurücken. Die Frau hatte sich bereits Anfang Dezember an das Amt für Soziale Dienste gewandt, weil sie ein kinderpornografisches Bild auf dem Handy ihres ehemaligen Partners entdeckt hatte. Erst durch einen richterlichen Hausdurchsuchungsbeschluss verschaffte sich die Staatsanwaltschaft schließlich Zugang zu den Akten.

Die CDU bezeichnet den Vorfall als „organisierte Kindeswohlgefährdung“ und sprach von „Chaos im Sozialressort“, das es zu beseitigen gelte. Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) wies diese Vorwürfe zurück und wertete sie als pauschale Diffamierung von 1.000 Mitarbeitern des Amtes für Soziale Dienste. „Selbst wenn einmal Fehler passiert, ist das kein Grund, eine gesamte Berufsgruppe zu verunglimpfen“, sagte sie. Stahmann sieht den vom Sprecher der Staatsanwaltschaft Frank Passade als „inakzeptabel“ und „grotesk“ bezeichneten Vorgang durch das Sozialgesetz gedeckt. Darin steht, dass ohne richterlichen Beschluss entsprechende Daten nicht herausgegeben werden dürfen. Stahmann räumte aber auch ein, dass es an den Schnittstellen der Behörden Probleme geben könne, bei denen man immer wieder beurteilen müsse, ob es sich um systemische Probleme handele.

Für Stahmann galt der Fall längst als abgeschlossen. Denn das Jugendamt war bei seinen Ermittlungen zu dem Schluss gekommen, dass es im konkreten Fall für eine Kindeswohlgefährdung keine Anhaltspunkte gibt.

Unterstützung erhält die Sozialsenatorin nun von den Fraktionen der Grünen, SPD und der Linken. Der Sozialdatenschutz sei unantastbar, sagt die Fraktionschefin der Linken Kristina Vogt. „Ein so sensibles Thema eignet sich nicht für den Wahlkampf.“ Der Vorwurf der CDU mache sie sprachlos und erweise den Case Managern einen Bärendienst. Jugendamt und Staatsanwaltschaft hätten nun einmal unterschiedliche Aufträge, so Vogt. Und Informanten müssten sich auch weiterhin vertrauensvoll an Jugendämter wenden können.

Weil die Meldungen über Kindeswohlgefährdung die Ämter meist anonym über das soziale Umfeld erreichen, beruhe die Arbeit der Jugendämter maßgeblich auf Vertrauen, so die Fraktionschefin der Linken. „Das Jugendamt ist nicht geizig mit Informationen umgegangen.“

Anders sieht das der SPD-Abgeordnete Klaus Möhle: Er bekräftigte erneut seine Kritik, dass Staatsanwaltschaft und Jugendamt nach dem Fall des totgeprügelten zweijährigen Kevin, den Polizisten im Oktober 2006 im Kühlschrank seines drogenabhängigen Vaters gefunden hatten, besser zusammen arbeiten müssten. Außerdem warb er für ein modernes Fehlermanagement: „Denn Fehler werden in diesem Bereich nun einmal gemacht“, sagt er. Deshalb müssten Jugendämter positiv mit ihnen umgehen und daraus lernen. Am heutigen Donnerstag soll das Thema in der Sozialdeputation diskutiert werden.

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