Streit über Flüchtlingsunterkünfte: Der Ton wird schärfer

Initiative will Verkauf von Grundstücken für Unterkünfte verhindern und droht mit Milliarden-Schadenersatzforderungen. Senat bleibt entschlossen.

Soll kleiner werden, aber nicht feiner: Erstaufnahme für Flüchtlinge in Neugraben Foto: Christian Charisius/dpa

Die Stadt soll keine weiteren Flächen für den Bau von Flüchtlingsunterkünften verkaufen. Das fordert die Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“ (siehe Kasten). Diese Verkäufe könnten „zu Schadenersatzforderungen gegenüber der Stadt in Milliardenhöhe“ führen, sagt der Sprecher der Initiative, Klaus Schomacker. Deshalb solle die Kommission für Bodenordnung, über die solche Verkäufe städtischer Flächen abgewickelt werden, bei ihrer Sitzung am morgigen Donnerstag keiner der angeblich acht auf der Tagesordnung stehenden Transaktionen zustimmen, fordert Schomacker.

Die Kommission, deren Mitglieder von Senat, Bürgerschaft und den sieben Bezirksversammlungen gewählt werden, entscheidet auf Vorlage der Finanz- oder der Stadtentwicklungsbehörde über Ankauf, Verkauf oder Verpachtung von Grundstücken und tagt grundsätzlich vertraulich. Derzeit ist sie vornehmlich damit beschäftigt, 16 städtische Grundstücke für die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften zu veräußern. Als Käufer kommen Saga/GWG, Baugenossenschaften, Fördern & Wohnen sowie private Interessenten in Betracht.

Konkret wurden in diesem Jahr nach Informationen der taz bereits fünf Flächen veräußert, drei weitere stehen kurzfristig zum Verkauf: an den Straßen Suurheid in Rissen sowie Rehagen und Glashütter Landstraße in Hummelsbüttel. Das sind die „acht“ Flächen, von denen Schomacker spricht – ohne zu wissen, dass in der Mehrzahl der Fälle die Kommission dem zweckgebundenen Verkauf bereits zugestimmt hat. Die neuen Eigentümer sollen dort in kürzester Zeit Expresswohnungen für Flüchtlinge errichten.

Die Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“ richtet sich gegen zu viele und zu große Flüchtlingsunterkünfte.

In Flüchtlingsheimen sollten nach dem Willen der Initiative nicht mehr als 300 Menschen leben dürfen, die Unterkünfte müssten mindestens einen Kilometer voneinander entfernt liegen.

Am 3. März übergab die Initiative im Rathaus 26.000 Unterschriften von Unterstützern, 10.000 hätten gereicht.

Am 14. April stellte die Bürgerschaft fest, dass die Volksinitiative zustande gekommen ist.

Sollte es zu keiner Einigung mit der Bürgerschaft kommen, wären die nächsten Schritte ein Volksbegehren im Sommer und ein Volksentscheid im nächsten Jahr.

Eben das wurmt die Initiative, die nur eine Unterkunft pro Quadratkilometer mit höchstens 300 Bewohnern dulden will. Schomacker fordert deshalb – nach eigenen Angaben „wütend“ – von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), „den Verkauf sofort zu stoppen“. Wenn die Initiative mit einem Volksentscheid erfolgreich sei, woran Schomacker nicht zweifelt, „muss alles rückabgewickelt werden“. Für etwaige Schadenersatzforderungen der dann enteigneten Eigentümer werde sich Scholz „persönlich und politisch verantworten“ müssen.

Rot-grüne Kreise nehmen Schomackers Wutausbruch „gelassen“ zur Kenntnis. Während der laufenden Verhandlungen mit der Initiative über mögliche Abstriche bei der Größe der geplanten Unterkünfte gebe es „keinen Baustopp“, sagt ein führender Koalitionsvertreter. Die Stadt habe das Recht, die Pläne weiter umzusetzen, was angesichts der Flüchtlingszahlen auch notwendig sei. Gegenüber der Initiative indes „gibt es keine Friedenspflicht“.

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