Streit um Flüchtlingsunterbringung: Tricksereien um Wohncontainer

In der Bezirksversammlung Altona ist um das Aufstellen von Containern „ohne Auflagen“ für die Lampedusa Flüchtlinge ein Konflikt um eine Klausel entbrannt.

Zwischen allen Stühlen: Lampedusa-Flüchtlinge. Bild: dpa

Unmittelbar vor der abendlichen Abstimmung der Bezirksversammlung Altona über den Antrag der Nordkirche zum Aufstellen von 35 beheizten Wohncontainern für Flüchtlinge im Bezirk, ist es am Donnerstag zu formalen Tricksereien gekommen. CDU, Linkspartei und FDP haben einen Antrag in das Bezirksparlament eingebracht, der Nordkirche das Aufstellen der Container „ohne Auflagen“ zu erlauben, während Rot-Grün einen Parallelantrag gleichen Wortlauts – versehen mit einer Klausel – eingebracht hat, die die Kirche faktisch dazu verpflichtet, die Flüchtlinge den Behörden zu melden.

Hintergrund ist der umstrittene Brief vom Staatsrat der Stadtentwicklungsbehörde, Michael Sachs, in dem er die neue Bezirksamtsleiterin Liane Melzer (beide SPD) indirekt angewiesen hat, einen derartigen Beschluss zu verhindern, weil die libyschen Flüchtlinge der Lampedusa-Gruppe sich weigerten, aus Angst vor der oft angekündigten Abschiebung ihre Identität preiszugeben. Andernfalls würden sich Bezirksamt und Kirche der „Beihilfe zur Illegalität strafbar“ machen, wenn die Container bei der St. Pauli-Kirche, der Christus-Gemeinde in Ottensen und der Martin-Luther-Kirche in Sülldorf aufgestellt würden.

Im Bauausschuss war Anfang der Woche über den Sachs-Brief diskutiert worden. Dort war man im Prinzip zu der Auffassung gelangt, dass die Sachse-Weisung rechtswidrig sei. „Es gibt weder nach der Hamburger Bauordnung noch im Baugesetz einen Passus, der vorschreibt, Menschen zu denunzieren“, sagt der Altonaer Bauausschussvorsitzende und Linkspartei-Fraktionschef Robert Jarowoy.

Der nunmehr eingebrachte rot-grüne Antrag „verpflichtet“ zwar die Bezirksverwaltung nach dem Bezirksverwaltungsgesetz den Bezirksversammlungsbeschluss „bindend“ umzusetzen, eröffnet jedoch Bezirksamtsleiterin Melzer die Möglichkeit, den Beschluss zu beanstanden, so dass dann ein Verwaltungsakt in Gang gesetzt und an die Senatskommission überwiesen wird und über den dann frühestens in zwei Monaten entschieden wird. „Das macht doch keinen Sinn, dann ist schon längst Winter“, sagt der Altonaer CDU-Fraktionschef Uwe Szczesny.

Daher überlegt die CDU, um Konflikte zu vermeiden, sich dem rot-grünen Antrag anzuschließen, wenn es von der Bezirksamtsleiterin Signale gibt, die Sachse-Doktrin zu ignorieren. Doch das wird wohl nicht der Fall sein. „Die Vorgaben werden einbezogen“, sagt die Bezirksamts-Sprecherin Kerstin Godenschwege. „Die Kirche muss sich darauf einstellen.“

Wenn die Flüchtlinge preisgäben, müsste die Kirche die Container jedoch gar nicht mehr aufstellen. „Der Senat hat den Flüchtlingen eine faire Einzelfallprüfung zugesagt, wenn sie sich in ein Asylverfahren begeben“, sagt Susanne Gerbsch, Referentin von Bischöfin Kirsten Fehrs. „Dann hat aber auch die Stadt für die Unterbringung zu sorgen.“ Bislang haben sich die Lampedusa Flüchtlinge nicht dazu geäußert.

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