Stresstest der EU-Kommission: Atomkraftwerke fallen durch

Die Sicherheit der AKWs in Europa muss dringend verbessert werden. Das ist das Ergebnis eines Stresstests der EU-Kommission – und gilt auch für deutsche Meiler.

Ein Schiff mit unsicherem Ziel: Kern-Brennelemente für das AKW Grohnde. Bild: dapd

BERLIN taz | Die Europäische Kommission stellt ihren Mitgliedern kein gutes Zeugnis in Sachen Sicherheit ihrer Atomkraftwerke aus. Über eineinhalb Jahre nach dem Unfall von Fukushima haben EU-Experten „Hunderte von technischen Verbesserungsmaßnahmen“ identifiziert. So steht es im noch unveröffentlichten Ergebnis des EU-weiten Stresstests für die 134 Reaktoren in der Staatengemeinschaft. Der Bericht liegt der taz vor.

In einigen Mitgliedstaaten seien noch nicht einmal die nach der Katastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 international vereinbarten Verbesserungen der nuklearen Sicherheit umgesetzt worden, heißt es darin. Ein Beispiel: In vier Reaktoren innerhalb der EU wäre die Kühlung der Reaktoren maximal eine Stunde lang gesichert, wenn der Strom ausfallen sollte. Genau ein solcher Ausfall der Kühlung hat in Fukushima im März 2011 zur Atomkatastrophe geführt.

„Die Sicherheitskultur muss verbessert werden“, schreibt die Kommission zudem. In zahlreichen Mitgliedstaaten müssten die Richtlinien im Unglücksfall so schnell wie möglich überarbeitet werden. Bisher bezog sich der Stresstest vor allem auf Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Überschwemmungen. Die Risiken bei Flugzeugabstürzen werden noch untersucht, die Ergebnisse sind in dem Entwurf noch nicht enthalten.

Die Kosten zur Beseitigung der Mängel bezifferte die EU auf 10 bis 24 Milliarden Euro. Bereits im Januar dieses Jahres mahnte die französische Behörde für nukleare Sicherheit an, in die französischen AKWs müssten mindestens 10 Milliarden Euro investiert werden. Und auch jetzt kommen diese Anlagen besonders schlecht weg.

Nachholbedarf auch in Deutschland

Aber selbst an den angeblich sichersten Atomkraftwerken der Welt, den deutschen, stellt die EU Nachholbedarf fest. In allen fehle es an geeigneten Seismographen für Erdbewegungen, zudem seien die Richtlinien bei Unglücksfällen nicht vollständig. Die Meiler Grohnde, Isar, Brokdorf und Grafenrheinfeld böten nicht genug Schutz bei Erdbeben.

Die Reaktionen fallen bisher verhalten aus. Offiziell sollte der Bericht am Mittwoch dieser Woche veröffentlicht werden, jetzt ist die Präsentation auf den nächsten EU-Gipfel Mitte Oktober vertagt. Bis dahin will auch Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) mit einer Bewertung warten. Sein Ministerium teilte lediglich mit, bei den bisher bekannten Stresstests habe es für die deutschen AKWs keine Beanstandungen etwa bei Kühlwasser, Stromversorgung und Notfallmaßnahmen gegeben.

„Die besonders unsicheren AKWs in Europa müssen stillgelegt werden. Es wäre eine Illusion zu glauben, dass man alle Defizite durch Nachrüstungen beheben könnte“, sagte die atompolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl.

Auch nach dem Bericht ist keiner der EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, die empfohlenen Maßnahmen umzusetzen. Nukleare Sicherheit steht im Ermessen der einzelnen Staaten. Die EU will ihre Befugnisse in dieser Frage aber stärken.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.