Studie zu Integration in Deutschland: Schlauer als die Einheimischen

Laut einer neuen Studie hat Deutschland zuletzt von seinen Immigranten profitiert. Viele Fachkräfte kamen wegen der Wirtschaftskrise.

Derzeit macht nur jedes vierte Kind türkischstämmiger Eltern Abitur, besagt eine neue Studie des Berlin-Instituts. Bild: dpa

BERLIN taz | Deutschlands Einwanderer werden den Alteingesessenen immer ähnlicher. Ihr Altersdurchschnitt steigt, sie leben häufiger allein, gründen seltener Familien und haben weniger Kinder. Und diejenigen Einwanderer, die nach 2005 nach Deutschland gekommen sind, sind sogar gebildeter als die einheimische Bevölkerung.

Das ist das Fazit einer neuen Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung zur „Lage der Integration“ in Deutschland. „Zwar kommen noch rund zehn Prozent aller Zuwanderer ohne jeden Bildungsabschluss ins Land, davon viele Saisonarbeiter“, betont Institutsleiter Reiner Klingholz. „Aber von einer Armutszuwanderung als Massenphänomen kann keine Rede sein“, schränkt er ein.

Für ihre Studie haben die Forscher den Mikrozensus von 2010 ausgewertet. Mehr als 15 Millionen Menschen in Deutschland besitzen demnach eine Einwanderungsgeschichte: Das ist ein gutes Fünftel der Bevölkerung. Vor allem die Nachkommen der einstigen „Gastarbeiter“ bleiben aber benachteiligt. Sie erreichen zwar höhere Schulabschlüsse als ihre Eltern.

Der Bildungsaufstieg gelingt ihnen aber nicht in dem Maße, dass sie zur Mehrheitsbevölkerung aufschließen könnten. „Die Türken sind die deutscheste aller Einwanderungsgruppen“, stellt Klingholz zwar salopp fest. Fast die Hälfte von ihnen sei hierzulande geboren, und auch die Hälfte besitze mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit.

Hochqualifizierte Ausländer

Trotzdem mache nur jedes vierte Kind türkischstämmiger Eltern Abitur, während es bei den Kindern deutscher Eltern inzwischen fast die Hälfte sei. Die Forscher plädieren deshalb dafür, die frühkindlichen Bildungsangebote auszubauen, um solche Kinder gezielter zu fördern.

Deutschland profitiert derzeit stark von den vielen hochqualifizierten Ausländern, die wegen der Wirtschaftskrise aus anderen EU-Staaten nach Deutschland gekommen sind. Klingholz warnt jedoch davor, sich auf diesem „Erfolg“ auszuruhen.

Viele dieser Fachkräfte könnten zurückkehren, wenn sich die Lage in ihren Heimatländern wieder verbessere. Deutschland brauche gezielte Maßnahmen, damit es als Einwanderungsland attraktiv bleibt. Und das müsse es, so der Wissenschaftler, da die Zahl der Erwerbstätigen bis 2050 drastisch abnehmen werde.

Selbst Zuwanderer aus der Türkei, dem ehemaligen Jugoslawien und dem Nahen Osten, die mehr Kinder haben als die deutsche Durchschnittsfamilie, könnten das nicht ausgleichen. Denn auch sie bekämen „deutlich weniger Kinder, als für eine stabile Bevölkerung notwendig wäre“, warnen die Forscher. Weil auch sie sich, wie gesagt, immer mehr der deutschen Gesellschaft annäherten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.