Studie zu Lohnsteigerungen in der EU: Es funktioniert nur in Deutschland

Viele verdienen heute sogar weniger als zu Beginn der Finanzkrise, zeigt eine Studie. Die Ergebnisse widersprechen den Erfolgsmeldungen der EU.

Menschen laufen auf einem leicht ansteigendem Weg unter einem großen Euro-Plakat

Zwar steigen die Reallöhne wieder. Doch die Lohnerhöhungen reichen nicht, um die Verluste der Krisenjahre auszugleichen Foto: ap

BRÜSSEL taz | Der wirtschaftliche Aufschwung in der Europäischen Union kommt nicht bei den Arbeitnehmern an. Viele Arbeiter und Angestellte verdienen heute sogar weniger als zu Beginn der Finanzkrise 2009. Nur in Deutschland, Polen und Bulgarien stehen die Arbeitnehmer deutlich besser da.

Dies geht aus einer Studie hervor, die der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) veröffentlicht hat. Die Ergebnisse widersprechen den Erfolgsmeldungen, mit denen die EU neuerdings um Zustimmung wirbt. Der Aufschwung sei mittlerweile in allen 28 Mitgliedsländern angekommen, hieß es noch am Freitag beim EU-Gipfel.

Tatsächlich schwächt sich der Aufschwung schon wieder ab, warnt der EGB. Auch die EU-Kommission hatte ihre Konjunkturprognosen zuletzt wieder zurückgeschraubt – unter anderen wegen des britischen EU-Austritts. Die Zahl der Arbeitsplätze soll 2017 in der EU nur noch um 0,9 Prozent wachsen.

Das reicht nicht, um die Arbeitslosenheere in Südeuropa abzubauen. Und offenbar auch nicht, um die Binnennachfrage zu stärken und die Löhne zu erhöhen. Zwar steigen die Reallöhne laut EGB wieder in den meisten EU-Ländern. Doch die Lohnerhöhungen reichen nicht, um die Verluste der langen Krisenjahre auszugleichen.

Schlimm für die Griechen

Besonders schlimm hat es die Griechen erwischt. Dort sind die Reallöhne seit Beginn der Krise um 3,1 Prozent gefallen. Auch in Kroatien, Ungarn und Portugal sind Löhne und Gehälter gesunken. In weiteren 14 EU-Ländern fiel das Wachstum der Reallöhne mit unter einem Prozent reichlich mager aus. Und selbst dieses magere Wachstum ist meist nur auf die schwache Inflation zurückzuführen.

Die EU habe diese Misere lange begünstigt, schreiben die Gewerkschaftsexperten. Denn sie forderte in der Krise nicht nur Lohnzurückhaltung, sondern auch eine „interne Abwertung“, was in der Praxis Budgetkürzungen, Sozialabbau und niedrigere Löhne und Gehälter bedeutet.

Nun hat die EGB 2017 zum Jahr der Lohnerhöhungen erklärt. Die gescheiterte Strategie der „internen Abwertung“ müsse durch eine Wachstumsstrategie abgelöst werden, die auf höhere Arbeitnehmereinkommen setzt.

Zu funktionieren scheint dies bisher aber nur in Deutschland. Nachdem sich Deutschland vor der Finanzkrise durch allzu große Lohnzurückhaltung auszeichnete, gab es zuletzt spürbare Erhöhungen, die teilweise sogar über dem Produktivitätswachstum lagen. Einziger Kritikpunkt des EGB: Der Mindestlohn in Deutschland liege immer noch zu niedrig. Tatsächlich lag Deutschland im Januar 2017 hinter Luxemburg, Frankreich und Belgien auf dem sechsten Platz.

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