TTIP-Anhörung im Bundestag: Sorge um die Spreewaldgurke

Der Wirtschaftsausschuss des Bundestages debattierte mit zehn Sachverständigen über die Vor- und Nachteile von TTIP.

Mehr drin als Porzellan und Patriotismus? Bild: dpa

BERLIN taz | Der Streit um das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP ist ein Streit um sperrige Worte mit kryptischen Abkürzungen. Mit einer öffentlichen Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bundestages ging der Streit heute die nächste parlamentarische Runde.

Die Linien zwischen den zehn Sachverständigen verliefen dabei relativ erwartbar. Lutz Güllner (EU-Kommission) und Bertram Kawlath, Vertreter eines mittelständischen Maschinenbau-Unternehmens, die Vorteile des Abkommens betonten, warnen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) vor der Aushöhlung von Arbeitnehmerrechten, Verbraucherschutz und Demokratie. Jürgen Maier vom „Forum Umwelt und Entwicklung“ etwa sieht das Ziel des Abkommens darin, eine Politik der Deregulierung voranzutreiben.

Interessant wird es immer, wenn es ins Detail geht. Welche Rechte genau bekommen die Konzerne im Gesetzgebungsprozess? Und wie hält es die USA mit den Arbeitnehmerrechten? Wie genau soll der Investitionsschutz aussehen? Was heißt öffentliche Daseinsvorsorge?

Markus Krajewski von der Universität Erlangen-Nürnberg geht davon aus, dass durch einen regulatorischen Kooperationsrat, also ein Gremium, in dem Wirtschaftsvertreter schon vor dem Abschluss eines Gesetztes über mögliche Regulierungen und deren Auswirkungen unterrichtet werden sollen, die Legislative durchaus beeinflusst wird. Zukünftige Regulierungen würden dadurch erschwert. Jürgen Maier kritisiert an solch einem Rat vor allem, dass er nicht genutzt würde, um höhere, sondern niedrigere Standards durchzusetzen.

Im Bereich Investitionsschutz sei nicht klar, in welchem Umfang staatliches Handeln durch TTIP begrenzt würde, so Krajewski. Er geht jedoch davon aus, dass es die Abgeordneten des Bundestages im Fall des Falles auf eine Klage durch einen Investor ankommen lassen und sich nicht einschüchtern lassen würden. Dass staatliches Handeln durch das Abkommen begrenzt würde, sei jedoch klar, schließlich sei dies das Ziel eines Handelsabkommens.

Aushöhlung von Arbeitnehmerrechten

Unklar ist, welche Bereiche der öffentlichen Daseinsfürsorge von Privatisierungen ausgenommen werden soll. Schon in Europa gibt es darüber unterschiedliche Auffassungen. Detlef Raphael vom Deutschen Städtetag wünscht sich eine Positivliste, auf der ausdrücklich aufgeführt wird, welche Bereiche dereguliert werden dürfen und welche nicht.

Auch der DGB, vertreten von Stefan Körzell, fordert eine solche Positivliste. Er befürchtet durch TTIP die Aushöhlung von Arbeitnehmerrechten. Die USA erkennt nicht alle Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO an. Körzell kritisiert vor allem fehlende Sanktionsmöglichkeiten.. Bezüglich der Arbeitnehmerrechte stehe die USA auf einer Ebene mit Pakistan, sagte er.

Was passiert, wenn die Verhandlungen über das Abkommen scheitern? „Wir können im Führersitz bleiben, was internationale Standards angeht“, sagt Gabriel Felbermayr von der Universität München. Die EU würde aber an Glaubwürdigkeit in der Welt verlieren.

Zum Schluss wurde es dann noch emotional. Andreas Lämmel, CDU-Abgeordneter aus Sachsen, fragte Lutz Güllner, ob Regionalmarken wie die Spreewaldgurke weiter geschützt würden. Güllner antwortete, dass dies der EU-Kommission sehr wichtig sei. Ob aber die Spreewaldgurke wirklich dazu gehören werde, konnte er nicht versprechen.

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