Tarifeinigung bei der Bahn: Mehr Geld und Mietzuschuss

Die Gewerkschaft EVG und die Deutsche Bahn haben sich im Tarifstreit geeinigt. Oberlokführer Weselsky hingegen steht noch ohne Ergebnis da.

ein ICE fährt durch die Landschaft

„Das Leben in vollen Zügen genießen“ – das ist ein ehemaliger Werbeslogan der Bahn, kein Witz! Foto: dpa

Für die einen ist er die größte Nervensäge der Republik, für die anderen ein aufrechter Kämpfer für bessere Löhne: Claus Weselsky, Vorsitzender der Lokführergewerkschaft GDL. Am Wochenende erhöhte er im Tarifstreit den rhetorischen Druck auf die Deutsche Bahn, nachdem die GDL am Freitag die Tarifverhandlungen für gescheitert erklärt hatte. Das Angebot der Bahn hätte „Grundlage eines Abschlusses“ sein können, sagte Weselsky der Welt. Die Bahn habe dann aber „die Unterzeichnung verweigert“. Nun sei das Angebot der Bahn „nicht mehr ausreichend“.

Am Wochenende hat sich die größere EisenbahnerInnengewerkschaft – die DGB-Gewerkschaft EVG – überraschend schnell mit der Bahn auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt, nachdem sie am vergangenen Montag noch mit einem vierstündigen Warnstreik den Bahnverkehr in großen Teilen lahmgelegt hatte. Da kritisierte Weselsky von der konkurrierenden GDL – die aus alten Bundesbahn-Zeiten noch im Deutschen Beamtenbund organisiert ist – noch den Streik der EVG, weil sie der Bahn eine zusätzliche Belastung beschere. Dazu muss man wissen: Neid und Konkurrenzdenken sind bei den beiden Gewerkschaften, die um die gleiche, überschaubare Klientel buhlen, besonders ausgeprägt.

Die EVG hat eine Lohnerhöhung in zwei Etappen herausgeschlagen. Die erste Stufe von 3,5 Prozent gilt ab Juli nächsten Jahres, die zweite von 2,6 Prozent ein Jahr später. Der Tarifvertrag gilt rückwirkend ab Oktober 2018 für 29 Monate. Die Gewerkschaft bekommt nun die von ihr geforderte Zahl 3,5 Prozent. Allerdings musste sie dabei zwei Kröten schlucken: zum einen, dass es nun erst ab dem nächsten Sommer mehr Tarifgehalt gibt, obwohl der Tarifvertrag dann bereits ein Dreivierteljahr in Kraft sein wird. Zum anderen die lange Laufzeit – in dieser Zeit sind keine Neuverhandlungen möglich.

EVG-Sprecher Uwe Reitz sagte am Sonntag der taz, dass für die Gewerkschaft das Gesamtpaket zähle. Die Einmalzahlung von 1.000 Euro für jeden Beschäftigten, die demnächst fällig ist, sei ein Verhandlungserfolg. 1.000 Euro seien besonders für die unteren Gehaltsgruppen wichtig, heißt es in der Gewerkschaft. Allerdings sind solche Sonderzahlungen nur ein einmaliger Geldregen und haben keine Auswirkungen auf die Tarifstruktur – sie sind aber ein beliebtes Mittel in Tarifverhandlungen, um gesichtswahrende Kompromisse zu erreichen.

Warnstreik als effizientes Druckmittel

Durchsetzen konnte die EVG ihre Forderung, dass der Arbeitgeber seinen Beitrag für die Betriebsrente um einen Prozentpunkt vom Monatsbrutto erhöht. Azubis bekommen in zwei Etappen 100 Euro mehr und einen höheren Mietzuschuss. Außerdem können die BahnerInnen die zweite Tarifstufe alternativ in mehr Freizeit umwandeln.

Die schnelle Einigung kann die EVG strategisch als Erfolg verbuchen, weil sie ihren Warnstreik als effizientes Druckmittel interpretieren und verkaufen kann. Und die Bahn hat ein Konfliktfeld abgeräumt – ein einziges von derzeit vielen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.