Tarifverhandlungen öffentlicher Dienst: Kommunen drohen zu privatisieren

Die Gewerkschaften geben ihre Lohnforderungen für Beschäftigte in Bund und Kommunen bekannt. Die Behörden lassen die Muskeln spielen.

Hier wurde schon privatisiert: Abfallentsorgung in Bremen. Bild: ap

BERLIN taz | Die Arbeitnehmer haben ihre Forderung für die Tarifrunde im öffentlichen Dienst noch gar nicht bekannt gemacht, da drohen die Arbeitgeber schon mit dem Schlimmsten. Mit ihrer Lohnpolitik beförderten die Gewerkschaften nur Privatisierungen, warnten die Kommunen am Montag.

Unter anderem Ver.di und der Deutsche Beamtenbund wollen am heutigen Dienstag ihre Forderungen für die rund zwei Millionen Beschäftigten in Bund und Kommunen verkünden. Erneut werden sie dabei wohl nicht nur eine prozentuale Lohnforderung aufstellen, sondern auch einen festen Sockelbetrag fordern, von dem vor allem untere Gehaltsgruppen profitieren.

2012 hatten die Gewerkschaften 6,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 200 Euro mehr verlangt. Heraus kam damals eine stufenweise Tariferhöhung von insgesamt 6,4 Prozent, mit dem die Arbeitgeber den Sockelbetrag abwehrten.

Das scheint auch dieses Mal die Marschrichtung zu sein. Thomas Böhle, Präsident der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), sagte am Montag in der FAZ: „Die Folge einer Sockelanhebung wäre ein Mehr an Ausgliederung und Privatisierung zum Beispiel bei der Müllabfuhr und im Nahverkehr.“ Die VKA verweist zudem auf die drängende Finanznot so mancher Kommune, die sich große Sprünge bei den Mehrausgaben nicht leisten könne.

„Das Privatisierungsargument hören wir seit 15 Jahren. Es dient immer dazu, berechtigte Forderungen abzublocken“, sagte Ver.di-Sprecher Christoph Schmitz. Die Gewerkschaft baut auf die Einsichtsfähigkeit der Kommunen. Denn langfristig könnten sich Privatisierungen oft als problematisch oder teurer erweisen, wenn die Qualität der Dienstleistungen nachließe oder diese nicht mehr zuverlässig erbracht würden. Bei den Gewerkschaften will man zudem nicht den Kopf für eine verfehlte Steuerpolitik hinhalten. „Die Finanznot ist ein politisches Problem, das politisch gelöst werden muss. Die Beschäftigten verschuldeter Kommunen könnten 50 Jahre auf Lohnerhöhungen verzichten, und die Kommunen wären immer noch überschuldet“, sagte Schmitz.

Lohnentwicklung hinkt Privatwirtschaft hinterher

Die Gewerkschaften beklagen, dass der öffentliche Dienst unter Nachwuchsproblemen leide. Grund sei auch, dass die Lohnentwicklung mit der Privatwirtschaft nicht mithalte. So stiegen die Tarifgehälter zwischen 2000 und 2013 in der Gesamtwirtschaft um knapp 34 Prozent an, im öffentlichen Dienst hingegen nur um rund 29 Prozent.

Dabei ist das Bild aber durchwachsen: Vor allem Beschäftigte mit niedriger Qualifikation verdienen bei Bund und Kommunen oft noch mehr als in der Privatwirtschaft. In den oberen Gehalts- und Qualifikationsklassen dreht sich dieses Verhältnis meist um – zumindest dann, wenn man nur auf die Angestellten und nicht auf die Beamten schaut.

Auch aus diesem Grund haben die Arbeitgeber wenig Interesse an Sockelbeträgen. Im Kampf um die Köpfe wollen sie eher finanziellen Spielraum, um höher Qualifizierte anzuwerben.

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