Terrorurteile in Bangladesch: Zwei führende Politiker aufgehängt

Wegen Kriegsverbrechen im Bürgerkrieg sind zwei Politiker zum Tode verurteilt worden. Das Verfahren sei äußerst fragwürdig, sagt Human Rights Watch.

Befürworter der Todesstrafe für Kriegsverbrechen demonstrieren in der Hauptstadt Dhaka

Befürworter der Todesstrafe für Kriegsverbrechen demonstrieren ihr Anliegen in der Hauptstadt Dhaka recht handfest. Foto: ap

BANGKOK taz | Die Behörden in Bangladesch haben am Wochenende zwei führende Oppositionspolitiker hingerichtet. Salahuddin Quader Chowdhury und Ali Ahsan Mohammad Mujahid wurden im Zentralgefängnis der Hauptstadt Dhaka gehängt.

Chowdhury war ein einflussreicher Abgeordneter der Bangladesh Nationalist Party (BNP), Mujahid ein führender Kopf der Jamaat-e-Islami (JI), der führenden islamistischen Partei des Landes. Ein Sondergericht hat beide wegen schwerer Verbrechen während des blutigen Unabhängigkeitskrieges 1971 zum Tode verurteilt. Chowdhury ist der bislang ranghöchste BNP-Politiker, der wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt worden ist. Beide Verurteilten hatten bis zum Schluss ihre Unschuld beteuert.

1971 stürzte das Land, das damals als „Ostpakistan“ noch Teil des pakistanischen Hoheitsgebiets war, in einen verheerenden Bürgerkrieg. Pakistanische Truppen ermordeten dabei zahllose Intellektuelle und vermeintliche Separatisten.

Die Jamaat-e-Islami und zahlreiche spätere BNP-Politiker stellten sich bei dem brutalen Konflikt auf die Seite Pakistans. Hunderttausende kamen ums Leben. Indien beendete den Bürgerkrieg im selben Jahr durch eine militärische Intervention und besiegelte den Austritt Bangladeschs aus dem pakistanischen Staat.

Die Richter haben wichtige Entlastungszeugen nicht zugelassen, sagt HRW

Die Verfahren vor dem „Tribunal für Internationale Verbrechen“ sind die erste juristische Aufarbeitung der Vorgänge aus der Zeit des Bürgerkrieges. Der Name ist irreführend: Das Gericht hat keinen internationalen Anteil. Es hat seine Arbeit 2009 aufgenommen. Die Regierung von Premierministerin Sheikh Hasina löste damit ein Wahlversprechen ein. Die Verfahren sind jedoch umstritten, da sie internationalen Standards nicht gerecht werden.

Wichtige Entlastungszeugen nicht gehört


Die Prozesse haben die Gräben, die durch Bangladeschs Gesellschaft verlaufen, erheblich vertieft. Unterstützer der Opposition und insbesondere der islamistischen Partei glauben, die säkular geprägte Regierung wolle mit den Verfahren die religiös orientierte Opposition zerschlagen. Darüber, ob das Land säkular oder religiös geprägt sein soll, gibt es bereits seit der Unabhängigkeit Streit.

Im Gegenzug haben Gewaltakte durch gewalttätige Islamisten in den vergangenen Monaten deutlich zugenommen. Unbekannte haben seit Jahresbeginn mehrere berühmte Schriftsteller und Blogger ermordet. Erst am Donnerstag griffen Unbekannte im Norden des Landes einen katholischen Missionar an und verletzten ihn mit Schüssen schwer. Der „Islamische Staat“ bekannte sich zu der Tat.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat noch Ende vergangener Woche zu einem Aufschub der Hinrichtungen aufgerufen. „Gerechtigkeit und Verantwortlichkeit für die schrecklichen Verbrechen, die während Bangladeschs Unabhängigkeitskrieg 1971 begangen worden sind, sind entscheidend. Aber die Verfahren müssen internationalen Standards für faire Verfahren entsprechen”, sagte Asien-Direktor Brad Adams in einer Erklärung. HRW bemängelte unter anderem, die Richter hätten wichtige Entlastungszeugen nicht zugelassen.

Shahriar Alam, Staatsminister im Außenministerium, wies die Vorwürfe zurück. Die Regierung fühle sich durch die Erklärung von Human Rights Watch „nicht gestört“ und werde mit den Verfahren fortfahren.

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