Testamente für Kredit-Institute: Auch Banken sind sterblich

In der Finanzkrise haben nur Milliarden an Steuergeldern den Zusammenbruch von Banken verhindert. In Zukunft sollen diese ihre eigene Abwicklung frühzeit selbst regeln.

Deutsche Großbanken sollen sich in Zukunft nicht mehr auf die Rettung durch die Steuerzahler verlassen können. Bild: reuters

BERLIN/MÜNCHEN dpa/taz | Die Bundesregierung will große Geldhäuser dazu verpflichten, genaue Pläne für den Krisenfall auszuarbeiten und notfalls auch ihre eigene Zerschlagung zu planen. Mithilfe dieser sogenannten Banken-Testamente könnten die Institute bei einer wirtschaftlichen Schieflage zügig saniert oder geschlossen werden und müssten nicht mehr vom Steuerzahler aufgefangen werden. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums bestätigte einen entsprechenden Bericht der Süddeutschen Zeitung vom Samstag. „Wir wollen da vorangehen“, sagte er mit Blick auf noch fehlende europäische Regelungen.

Ein Gesetzesantrag dazu wird nach Informationen der Zeitung im Finanzministerium vorbereitet, das Gesetz solle noch vor der Bundestagswahl 2013 in Kraft treten. Die Aufsichtsbehörde Bafin hat die Großbanken bereits per Rundschreiben aufgefordert, sich zu den Plänen zu äußern. In den USA sind Testamente für große Geldhäuser bereits vorgeschrieben.

Nach Angaben der Europäischen Kommission mussten die EU-Staaten zwischen 2008 und 2010 etwa 1,6 Billionen Euro bereitstellen, um Geldhäuser vor dem Zusammenbruch zu retten. Dahinter stand die Angst, dass schon die Pleite einer einzelnen Großbank aufgrund ihrer globalen Vernetzung zum Kollaps des Weltfinanzsystems führen könnte.

Von der Einführung der „Banken-Testamente“ betroffen sein dürften etwa zehn Institute, darunter die Deutsche Bank, die Commerzbank, die DZ Bank und einige Landesbanken, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Nach den Plänen müssten die Geldhäuser zunächst einen Sanierungsplan erarbeiten und der Bafin zur Genehmigung vorlegen. Aus ihm müsse hervorgehen, wie die einzelnen Bereiche der Bank vernetzt sind, welche von ihnen systemrelevant sind, welche Risiken in jeder Abteilung und Tochtergesellschaft schlummern und wie der Vorstand gedenkt, im Notfall an zusätzliches Kapital zu kommen.

Individuelle Abwicklungspläne

Das Aufsichtsamt selbst erstelle zudem für jedes Institut einen Abwicklungsplan, heißt es in dem Bericht. Dieser solle für den Krisenfall aufzeigen, welche Bereiche so bedeutend sind, dass sie fortgeführt werden müssen, welche geschlossen werden können und wie sich das auf andere Institute auswirken würde. Zudem werde festgelegt, wie die Kundeneinlagen gesichert und die Schließung oder Teilschließung der Bank ohne Steuermittel finanziert werden könne.

Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick betonte, benötigt werde ein europäischer Bankenrestrukturierungsfonds, der sich aus einer europäischen Bankenabgabe speist. Ohne eine solche europäische Struktur dürfte ein realistischer Notfallplan für grenzüberschreitend tätige Institute nicht aufstellbar sein. Sie seien für rein deutsche Auffanglösungen einfach zu groß. Ein europäischer Bankenfonds sei deshalb in deutschem Interesse, weitere Verzögerungen durch die Bundesregierung nicht akzeptabel.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Sahra Wagenknecht, sprach von einem „Papier-Tiger“. Den Menschen solle im Bundestagswahlkampf entschlossenes Handeln vorgetäuscht werden. Wer den Steuerzahler wirklich schützen wolle, sollte keine halbherzigen Pläne für den Ernstfall ausarbeiten, sondern den Ernstfall verhindern, indem er die Zockerei der Banken gesetzlich verbiete.

Bereits im Juli hatten US-amerikanische Großbanken ihrer Regierung Testamente vorlegen müssen. Diese sind Bestandteil des Dodd-Frank-Gesetzes zur Finanzmarktregulierung, mit dem die US-Regierung Lehren aus der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers gezogen hat. Auch die Gruppe der großen Industrie- und Schwellenländer G 20 hatte solche Pläne zur Abwicklung von Krisenbanken gefordert. (LIEB)

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