Therapie für Geflüchtete in Hamburg: Das Grauen des Krieges bleibt

In Hamburg finden Geflüchtete psychologische Unterstützung in der Flüchtlingsambulanz. In Norddeutschland gibt es zu wenige Therapieplätze.

Ein Mann mit nacktem Rücken und großflächiger Narbe auf Arm und Schulter

Lassen nicht nur äußerlich Narben zurück: Krieg und Folter Foto: dpa

HAMBURG taz | Geflüchtete sind häufig schwer traumatisiert. Um ihre Flucht­erlebnisse zu verarbeiten, brauchen auch Familien psychologische Betreuung. Doch dafür fehlen häufig die Angebote. In Hamburg bekommen Kinder und Jugendliche Hilfe in der Flüchtlingsambulanz an der Universitätsklinik Eppendorf (UKE). Am kommenden Dienstag informiert die Ambulanz beim Tag der offenen Tür darüber, wie sie junge Geflüchtete begleitet.

In den letzten Jahren habe sich die Arbeit verändert, sagt Areej Zindler, die ärztliche Leiterin der Ambulanz. Seit 2015 kommen deutlich mehr Familien, deshalb setze die Klinik auf Gruppen- und Familientherapien. „Kleine Kinder zeigen ihr Trauma nicht zu Hause, weil die Eltern belastet sind“, sagt Zindler. Auffällig würden sie in der Schule oder der Kita. Die Ambulanz will deshalb auch LehrerInnen und ErzieherInnen sensibilisieren. Oft sind sie es, die den Patienten die Flüchtlingsambulanz empfehlen.

Dort betreuen Psychologen etwa 540 Kinder und Jugendliche pro Jahr. 14 Angestellte arbeiten mit 47 DolmetscherInnen zusammen, die in 21 Sprachen übersetzen. Um den Bedarf zu decken, reiche das nicht, kritisiert Zindler. Geflüchtete warten bis zu acht Monate auf eine Behandlung. „Bei Kindern ist das besonders traurig, weil wichtige Entscheidungen anstehen.“ Eine schnelle Behandlung sei für die Integration unerlässlich.

Auch niedergelassene Psychologen behandeln vereinzelt Geflüchtete, aber die Betreuung ist zeitintensiv und belastend. In Hamburg bleibt die Flüchtlingsambulanz die einzige Anlaufstelle ihrer Art. Noch schwieriger ist es in weniger dicht besiedelten Regionen. Ins UKE kommen auch Kinder aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein, auf größere Entfernungen ist das aber praktisch unmöglich.

In Niedersachsen sollen SozialarbeiterInnen in den Unterkünften mit Fragebögen erkennen, ob jemand besondere Betreuung braucht, teilt die dortige Landesaufnahmebehörde (LAB) auf Anfrage der taz mit. In Zusammenarbeit mit dem Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge vermittelt die LAB dann traumatisierte Menschen an PsychologInnen. Fachleute selbst kommen nicht in die Unterkünfte. Die Betreuung sei längst nicht so intensiv wie nötig, sagt Zindler. Es seien mehr Einrichtungen wie die Flüchtlingsambulanz nötig – nicht nur in Hamburg.

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