Todesschüsse in Myanmar: Entsetzen, Trauer und Wut

Am Mittwoch waren bei Protesten in Myanmar mindestens 38 Menschen erschossen worden. Trotz der Gewalt gehen die Menschen weiter auf die Straße.

Weinende Menschen an einem Sarg

Trauer am Sarg einer Erschossenen am Mittwoch in Mandalay Foto: ap

YANGON/BERLIN dpa/taz | Nach dem bisher blutigsten Tag der Proteste in Myanmar sind am Donnerstag erneut zahlreiche Menschen in vielen Landesteilen gegen die Militärjunta auf die Straßen gegangen. Viele Trauerkundgebungen waren zugleich Protestdemonstrationen.

Nach Angaben der Vereinten Nationen waren allein am Mittwoch mindestens 38 Menschen ums Leben gekommen, als die Polizei mit scharfer Munition auf Demonstranten schoss. Die Zahl der Toten könnte aber weiter steigen, weil viele Menschen teils schwer verletzt wurden.

Bisher sind Schätzungen zufolge mindestens 59 Menschen von Polizei und Militär getötet worden, mindestens 1498 wurden verhaftet. Am Donnerstag flogen erneut Kampfjets des Militärs über Mandalay, offenbar um die Bevölkerung einzuschüchtern.

„Trotz all dieses brutalen Schießens und der Tötungen werden wir weitermachen ohne auch nur einen Tag Pause zu machen. Wir sehen uns morgen!“, schrieb Maung Saungkha, einer der Anführer der Proteste, auf Facebook. Im ganzen Land gedachten Menschen der Opfer mit Blumen, wie auf Videos und Bildern in sozialen Netzwerken zu sehen war.

Skrupellose Gewalt von Polizei und Militär

„Wir müssen für Gerechtigkeit kämpfen und auch für die Seelen, die wir wegen dieser terroristischen Armee verloren haben“, sagte die 45-jährige Wai Wai der Deutschen Presse-Agentur am Telefon. Sie nahm in der nördlichen Stadt Mandalay mit tausenden anderen an der Beerdigung einer 19-Jährigen teil, die am Mittwoch durch einen Kopfschuss getötet worden war.

Fotos des jungen Opfers in den sozialen Medien bewegen die Menschen. Sie trug ein T-Shirt mit der Aufschrift „Alles wird okay sein“, als sie erschossen wurde. Sie soll eigenes einen Zettel mit ihrer Blutgruppe zur Demo mitgenommen haben.

Die sozialen Medien sind voll mit brutalen Bildern von Gewalt von Militär und Polizei. Es gibt Szenen, wie ein bereits festgenommener Demonstrant in einer Gruppe von Polizeisten von hinten regelrecht hingerichtet wird.

Eine Überwachungskamera filmte, wie Polizisten eine junge und eingeschüchterte Krankenwagenbesatzung mit Gewehrkolben zusammenschlagen und das Fahrzeug zerstören.

Botschaften posten schwarze Profilbilder

Die Deutsche Botschaft in Rangun und mehrere weitere westliche Botschaften haben als Zeichen der Trauer auf Facebook schwarze Profilbilder gepostet. Die US-Botschaft schrieb darunter: „Es ist uns unerträglich, den Verlust so vieler Menschenleben in Myanmar zu sehen. (…) Das Zielen auf Zivilisten ist abscheulich.“

Doch viele Menschen in Myanmar sind enttäuscht über die geringe Unterstützung aus dem Ausland für die demokratische Protestbewegung. Dies drückt sich in einer ironischen Karikatur aus, in der ein myanmarischer Demonstrant einer Person namens Vereinte Nationen aufmunternd auf den Rücken klopft mit der Bemerkung: „Mach Dir keine Sorgen, wir halten zu Dir“.

Für Freitag hat Großbritannien eine neue Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York beantragt. Bei der letzten Sitzung hatten China und Russland eine Verurteilung des Militärputsches verhindert, allerdings die Freilassung inhaftierter Politiker gefordert.

Das Militär hatte vor rund einem Monat gegen die faktische Regierungschefin Aung San Suu Kyi geputscht und sie unter Hausarrest gestellt. Als Grund führten die Generäle Unregelmäßigkeiten bei der Parlamentswahl vom November an, die Suu Kyi klarem Vorsprung gewonnen hatte. Die Demonstranten fordern die Wiedereinsetzung der 75-Jährigen, die im Land äußerst beliebt ist.

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