Trainer und Globetrotter Michael Krüger: „Unsere Arbeit wird belächelt“

Der Kandidat für den Titel „Deutscher Fußballbotschafter 2017“ Michael Krüger, erklärt, wie man als Trainer im Ausland nicht Schiffbruch erleidet.

Michael Krüger lächelt

Michael Krüger betreut zurzeit die U23 von Hannover 96 (Archivfoto 2010) Foto: dpa

Michael Krüger ist neben seinen Trainerkollegen Bernd Storck und Horst Kriete nominiert für den Titel „Deutscher Fußballbotschafter 2017“. Die Verleihung findet am Dienstag im Beisein von Außenminister Sigmar Gabriel in Berlin statt. Deutsche Fußballbotschafter gibt es seit 2013. Ausgezeichnet wurden bisher Gernot Rohr, Jürgen Klinsmann und Monika Staab, weil sie sich, wie es heißt, im Ausland für „eine positive Entwicklung des Fußballs und der Gesellschaft engagiert“ haben. Krüger versuchte noch am Montag, Punkte bei der Jury (u. a. Doris Fitschen und Uwe Seeler) zu sammeln, denn er leitete in Wolfsburg ein Seminar für 15 chinesische Trainer.

taz: Herr Krüger, was haben Sie den Chinesen beigebracht?

Michael Krüger: Wir haben über Spielsysteme diskutiert. China, denke ich, ist im Kommen.

Fühlen Sie sich berufen für den Eintritt in den diplomatischen Fußballdienst?

Schon. Wenn man zum Beispiel mit Chinesen zu tun hat, dann sollte man die Kunst der kleinen Diplomatie beherrschen. Wenn man im Ausland arbeitet, muss man sich an die Gegebenheiten herantasten, damit man nicht in ein Fettnäpfchen tritt.

Sie haben diverse Engagements im Ausland gehabt. Was muss ein Trainer mitbringen für Ausflüge in die Türkei, nach Ägypten, in den Sudan oder nach Äthiopien?

Man muss sich aufs Land, die Leute, die Kultur einlassen, auf die Sitten und Gebräuche. Man muss seine Erwartungen dem unterordnen, was man vor Ort vorfindet, sonst wird man fürchterlich Schiffbruch erleiden.

Was hat Sie gereizt, etwa nach Ägypten zu den Arab Contractors zu gehen?

Meine erste Station in Ägypten 1998, das war Zufall. Die wollten erst einen anderen deutschen Trainer haben. Dann bin ich es geworden. Und es war auch gleich supererfolgreich. Wir haben den afrikanischen Pokal der Pokalsieger gewonnen. Das hat Spaß gemacht. Und es war anders als in Deutschland.

Was meinen Sie?

Wenn man da unten unterwegs ist, erlebt man tolle Geschichten. Es gab mal ein Spiel in Ruanda. Wir hatten das Hinspiel mit 2:1 gewonnen. Und im Rückspiel in Kigali stand es bis zur 90. Minute 0:0. Aber der Schiedsrichter wollte einfach nicht abpfeifen. Die Sonne stand schon tief. Ich habe mich aufgeregt. Da kam ein Soldat mit einer Kalaschnikow auf mich zu, legte mir die Waffe auf die Schulter und sagte: Coach, sit down! Nach mehr als 15 Minuten Nachspielzeit hat der Schiri endlich abgepfiffen. Abends beim Bankett hat er mir stolz seine goldene Rolex gezeigt, die er dafür bekommen hat. Ich weiß nicht, ob die echt war, jedenfalls ist er dafür nachher aus dem Verkehr gezogen worden.

Sie sind auch mehrmals Trainer im Sudan gewesen, des Vereins Al-Merrikh Khartum.

Wenn man im arabischen Raum gewesen ist und Erfolg gehabt hat und die Leute einen ins Herz geschlossen haben, dann erinnern sie sich an dich. Dann sind sie auf Ewigkeit in deren Herzen. Ich hatte in Khartum ja die Aussicht, Champions League zu spielen. Das hat mich gereizt. Ich habe das Double gewonnen.

Der 62-Jährige, der seine Trainerlaufbahn bereits mit 27 Jahren begann, betreut zurzeit die U23 von Hannover 96. Er war Coach bei 15 verschiedenen Vereinen. In Afrika war er aktiv für die Arab Contractors, Al-Masry und ENPPI Club (alle Ägypten), im Sudan für Al-Merrikh Khartum und in Äthiopien für Saint George SC in Addis Abeba.

Im Sudan herrschte Bürgerkrieg. Wie sicher war es in Khartum?

2008 sind Rebellen in Khartum eingefallen. Das war schon heftig, wenn Panzerfäuste einschlagen und wenn sie sehen, wie Leichen ohne Kopf auf den Straßen herumliegen. Damals hatte ich Todesangst. Zu Hause haben sie nur den Kopf geschüttelt, als ich davon erzählte. Aber die Beziehung zu der Mannschaft und den Spielern war nun mal so, dass ich gesagt habe: Die kann ich nicht alleinlassen.

Sie haben sieben Titel in Afrika gewonnen. Die Bild-Zeitung hat Sie als „Trainer-König in Afrika“ bezeichnet. Werden Ihre Erfolge in Deutschland gewürdigt?

Klipp und klar: nein. Das geht auch anderen Kollegen so, Reiner Zobel zum Beispiel oder Reiner Hollmann. Unsere Arbeit wird hierzulande eher abgetan und sogar belächelt. Das ist mehr als ungerecht, weil es nicht einfach ist, in Afrika oder anderswo zu arbeiten, wie das Scheitern von Berti Vogts zeigt. Deswegen hat mich schon die Nominierung für diesen Preis gefreut. Jetzt ist es mir auch egal, ob ich Erster oder Dritter werde.

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