Trainersuche bei Frauennationalelf: Der Zauberer muss es richten

Vor den WM-Qualifikationsspielen gegen Tschechien und Slowenien steht die Frage im Raum: Ist Horst Hrubesch nur eine Zwischenlösung?

Horst Hrubesch bei Erwärmung der Frauen Nationalmannschaft

Interimstrainer Hrubesch, der „Zauberer“, beim Warmmachen Foto: dpa

BERLIN taz | Duzen oder Siezen? Im deutschen Frauenfußball war so etwas mal eine Grundsatzfrage. Während der Heim-WM 2011 durften nur die arrivierten Führungskräfte wie Birgit Prinz zur damaligen Bundestrainerin Silvia Neid den direkten Draht pflegen und die Chefin mit „Silv“ ansprechen. Unter Neid-Nachfolgerin Steffi Jones haben sich dann alle geduzt, das Team hinter dem Team inklusive.

Irgendwie passend, dass Horst Hrubesch für die deutsche Frauen-Nationalmannschaft eine gute Zwischenlösung gefunden hat. „Ich habe den Mädels freigestellt, wie sie mich nennen“, erzählte der Interimstrainer, der am Mittwoch in gediegenem Ambiente in der Leipziger Innenstadt seine nächste Mission für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) begonnen hat.

Der zweifache Weltmeister darf sich in den WM-Qualifikationsspielen in Halle gegen Tschechien (Samstag 16.15 Uhr/ARD) und in Domzale gegen Slowenien (Dienstag 16 Uhr/ZDF) keinen Ausrutscher mehr leisten. Auftrag an den Sportdirektor: Schaden abwenden vom Nationalteam. Eine verpasste Endrunde 2019 in Frankreich wäre schmachvoll. Also hilft mal wieder der Horst, der mit einer geradlinigen, direkten Art wohl genau der richtige Überzeugungstäter ist, um die vom taktischen und personellen Schlingerkurs unter Jones verunsicherten und teils zerstrittenen DFB-Frauen wieder zu einen.

Von Hrubesch, der im Zuge der Olympischen Spiele 2016 als Verantwortlicher des Männer-Teams automatisch auch mit den Frauen nach dem Olympiasieg in Rio de Janeiro in Berührung kam, wird erwartet, dass er die wichtige Fraktion des VfL Wolfsburg wieder hinter sich bringt, die der Umgang mit der verdienten Führungskraft Lena Goeßling vergrätzt hat. „Grundsätzlich freuen wir uns auf einen neuen Input: Man wird sehen, was Horst aus uns zaubern wird“, sagte die VfL-Stürmerin Alexandra Popp im Vorfeld.

„Ich bin schon angespannt. Einiges ist für mich neu. Immerhin habe ich jetzt nicht mehr 40 Männer um mich, sondern 20 Frauen“, erklärt Hrubesch, der sich zuletzt rund ein Dutzend Partien in der Frauen-Bundesliga, im DFB-Pokal und auch in der Women’s Champions League – darunter ein 5:0 des VfL Wolfsburg gegen Slavia Prag – angesehen hat. Weswegen sich der 66-Jährige aber nicht als profunder Kenner einer auch für ihn lange unbekannten Materie ausgibt. Im Gegenteil: „Mit den Namen klappt es noch nicht ganz so.“

Womöglich noch bis Jahresende

Aber wofür hat er denn seinen persönlichen Vertrauten Thomas Nörenberg und auch Ulrike Ballweg mit ins Boot geholt. Die langjährige Assistentin von Silvia Neid gibt so etwas wie das wichtigste Bindeglied zwischen der alten Erfolgsära und der neuen Zeitrechnung, die bestenfalls im Sommer mit dem Freundschaftsspiel am 10. Juni in Kanada, notfalls aber auch erst im Herbst unter einer Langzeitlösung beginnen soll.

Im engeren Kandidatenkreis befinden sich Martina Voss-Tecklenburg, Nationaltrainerin der Schweiz, und wohl auch Ralf Kellermann, Sportlicher Leiter beim VfL Wolfsburg. Wer auch immer übernimmt: Das WM-Qualifikationsspiel am 1. September auf Island wird die entscheidende Weggabelung sein, ob es fürs deutsche Team direkt nach Frankreich oder in eine Playoff-Runde mit den vier besten Gruppenzweiten geht, von denen nur noch einer das Ticket für die Weltmeisterschaft erhält.

Laut Hrubesch sollen die vom Sportlichen Leiter Nationalmannschaften, Joti Chatzialexiou, geführten Gespräche „bis Mai abgeschlossen sein“. Sollte dies nicht der Fall sein, „werden wir uns etwas einfallen lassen müssen“. Womöglich wird der Notretter doch noch bis Jahresende gebraucht.

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