Transantlantisches Handelsabkommen: Neue Rechte für Konzerne geplant

EU-Vertreter sollen bei den Verhandlungen mit den USA ein Sondergericht für Investoren durchsetzen. Dies besagt ein geheimes Dokument.

Die Verhandlungen zwischen den USA und der EU über eine Freihandelszone begannen am Montag in Washington. Bild: dpa/NASA

BERLIN taz | Die Europäische Union will im geplanten Freihandelsvertrag mit den USA ein Sonderklagerecht für Konzerne gegen Entscheidungen von Staaten verankern. „Das Abkommen sollte einen wirksamen Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investor und Staat vorsehen“, heißt es in dem geheimen Verhandlungsmandat der EU-Kommission, das der taz vorliegt.

Das Papier fordert „Schiedsrichter“. Diese könnten über Schadenersatzklagen etwa von Ölfirmen entscheiden, die wegen demokratisch beschlossener Umweltgesetze Verluste machen. In dem Mandat geben die EU-Staaten der Kommission Leitlinien für die Verhandlungen vor, die am Montag in Washington begannen. Ein EU-Beamter, der nicht genannt werden wollte, sagte: „Das Dokument sieht so aus wie das Mandat.“

Das Papier mit der Geheimhaltungsstufe „EU restricted“ beauftragt die Kommission damit, Regeln zur „gerechten und billigen Behandlung“ von Investitionen auszuhandeln – „einschließlich eines Verbots unverhältnismäßiger, willkürlicher oder diskriminierender Maßnahmen“. Zudem müsse die Kommission einen Schutz vor „indirekter Enteignung“ anstreben.

„Der Tabakkonzern Philip Morris beispielsweise hat mithilfe solcher Formulierungen Uruguay verklagt. Dabei hatte das Land nur Gesundheitswarnungen auf Zigarettenpackungen vorgeschrieben“, erläuterte Peter Fuchs, Handelsexperte der Organisation PowerShift. Das US-Unternehmen fordere Schadenersatz in Milliardenhöhe. Fuchs nannte das EU-Mandat eine „skandalöse Konzernagenda“.

Ungenaue Leitlinien

Bei anderen Themen sind die Verhandlungsleitlinien der EU ungenau. Einerseits machen sie der Kommission zur Bedingung, dass das Vorsorgeprinzip der EU anerkannt wird. Das ermöglicht zum Beispiel das Verbot von Lebensmitteln, wenn es starke Anzeichen, aber noch keine ausgereiften wissenschaftlichen Belege für Gesundheitsrisiken gibt.

Andererseits gibt das Mandat das Ziel vor, Handelshemmnisse durch „gegenseitige Anerkennung“ abzubauen. Das könnte etwa erlauben, dass die EU automatisch eine gentechnisch veränderte Pflanzensorte zulässt, sobald die USA das getan haben.

„Das Mandat ist absichtlich so vage, dass die Unterhändler alles damit tun können“, sagte die Generaldirektorin des Europäischen Verbraucherverbands BEUC, Monique Goyens. Das Papier bestätige die Sorge, dass die EU sich in dem Abkommen verpflichtet, Verbraucherschutzstandards zu senken. Zur Diskussion steht etwa die in den USA erlaubte Praxis, Hähnchenfleisch mit Chlor zu desinfizieren.

Offizielle Dokumente

Goyens kritisierte, dass die EU-Kommission die Verbraucherverbände zu schlecht über die Gespräche informiere. „Wir wollen vor den Verhandlungen zu einem bestimmten Thema konsultiert werden.“ Außerdem benötigten die Verbraucherschützer nicht nur mündliche Auskünfte von EU-Beamten, sondern offizielle Dokumente.

Die EU-Kommission dagegen erklärte, dass die Zivilgesellschaft Zugang „zu sehr viel Informationen“ habe. Kommende Woche unterrichteten die Chefunterhändler über die erste Verhandlungsrunde – aber eben erst nach, nicht vor den Gesprächen.

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