Trikotstreit in Bremen: bwin hat sich verzockt

Internet-Sportwettenanbieter fordert sechs Millionen von der Stadt, weil er als Werders Hauptsponsor keine Werbung auf den Fußballerlaibchen machen durfte.

Seit 2006 gerichtlich umstritten: Frings als bwin-Werbeträger. Bild: dpa

Schadenersatz will der Sportwettenanbieter bwin von der Stadtgemeinde Bremen. Auf 5,9 Millionen Euro beziffert Anwalt Rolf Karpenstein die Ansprüche des Unternehmens, rund eine Million mehr, als es dem Fußballverein Werder Bremen in der Saison 2006/2007 überwiesen hatte – damit dieser auf seinen Trikots für die online-Zockerbude wirbt. Dazu kam es nicht, weil das Stadtamt darin Werbung für unerlaubtes Glücksspiel sah – und diese verbot. Chancen auf Erfolg hat die erstinstanzlich schon vor fünf Jahren abgewiesene Klage aber auch in der Berufung vorm Oberlandesgericht nicht.

Das machte Klaus-Dieter Schromek als Vorsitzender des Ersten Zivilsenats in der ausführlichen mündlichen Verhandlung am Mittwoch deutlich. „Wir empfehlen Ihnen, die Berufung zurückzuziehen“, sagte er dem durchaus lautstark, aber selten schlüssig argumentierenden Karpenstein.

Der kündigte an, bis Mitte Januar noch mit einem Schriftsatz beweisen zu wollen, warum er doch Recht habe. Immerhin versprach ihm das Gericht, diesen noch zu würdigen – und nicht etwa, wie in Zivilverfahren sonst nicht unüblich, in Ermangelung eines Antrags ein Versäumnisurteil zu verkünden.

Das war aber auch der einzige Erfolg, den Karpenstein gestern für sich verbuchen konnte: Er sei nun mal „in Bruxelles geboren“ hatte der rundum gebräunte Zockerindustrie-Anwalt zu Eingang der Verhandlung erläutert, „da ist es für mich klar, dass dieses Verbot gegen die Dienstleistungsrichtlinie verstößt“.

Das mag sein, das hat auch der Europäische Gerichtshof mittlerweile so entschieden. Allerdings: Erst in diesem Herbst hatte der Bundesgerichtshof in einem vergleichbaren bayrischen Fall geurteilt, dass die dortige Verwaltung durch ein Wettwerbeverbot nicht wissentlich den EU-Vertrag verletzt habe – und damit auch keinen Schadensersatz zahlen müsse. Zwar liegt das laut Karpenstein nur daran, „dass der BGH von einer falschen Prämisse ausgegangen“ sei. Aber dieser Ansicht mag das Gericht nicht folgen. Und als Karpenstein dann weltmännisch auch das Bundesverfassungsgericht in seine Schranken weist, merkt Markus Ruttig als Anwalt der Gegenseite nur süffisant an, dass „das Stadtamt nicht für sich in Anspruch“ nehme, „klüger zu sein, als das Bundesverfassungsgericht“. Das tue wohl „nur der liebe Herr Karpenstein.“

Tatsächlich war der 2006 geschlossene Sponsoring-Vertrag zwischen bwin und Werder „sehr sportlich abgefasst“, wie Schromek sagt. Man könnte auch von einem Zockervertrag sprechen. Denn kurz zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht das staatliche Sportwettenmonopol zwar als nicht verfassungsgemäß erkannt. Zugleich aber genehmigte es seine Aufrechterhaltung – unter der Auflage, dass die Landeslotto-Gesellschaften das Monopol ganz in den Dienst der Suchtprävention zu stellen hätten.

Die Länder waren wild entschlossen, das lukrative Glücksspielgeschäft zu behalten: Insofern stärkte das damalige Urteil erst recht die Repression gegen die unliebsame private Konkurrenz. Ganz folgerichtig hielt man mindestens bei Werder ein behördliches Verbot offenbar für wahrscheinlich: Eine Klausel des Vertrags bestimmt, dass der Wettanbieter die vereinbarten 4,9 Millionen auf jeden Fall an den Sportclub zahlen müsste – auch wenn der aufgrund behördlicher Verbote nicht werben und somit keine Gegenleistung erbringen könne. Dass nun die Stadt für diesen in Kauf genommenen Leistungsausfall haften soll, leuchtet kaum ein.

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