Tschechien verbietet Schnapsverkauf: Ein Land sitzt auf dem Trockenen

Die Maßnahme ist unpopulär, aber notwendig. Nach 20 Todesfällen durch Methanolvergiftung verbietet Prag Ausschank und Verkauf harten Alkohols.

Ein Mitarbeiter verhängt in einem Prager Supermarkt das Schnapsregal. Bild: dpa

PRAG taz | Seit Anfang September sterben Menschen in Tschechien täglich an Methanolvergiftung. Grund ist gepanschter Billigschnaps mit gefälschten Etiketten. Schon 20 Todesopfer und doppelt so viele Schwerkranke hat die Giftmischerei gefordert. Die Polizei ist hilflos. Zwar hat sie schon 17 Händler von gepanschtem Schnaps dingfest gemacht. Die Hintermänner, die den zahlreichen Schwarzbrennern im Land das Gift Methanol geliefert haben, bleiben aber im Dunkeln.

Jetzt hat die Regierung die Notbremse gezogen. Als vergangenen Freitag klar wurde, dass sich die Vergiftungsfälle nicht nur auf entlegene Regionen im Osten der Tschechischen Republik beschränken, sondern auch schon die Millionenstadt Prag erreicht hatten, ließ sie den Verkauf und Ausschank von Hochprozentigem verbieten.

Das kommt einer Kapitulation des Staates vor einer Mafia gleich, die seit Jahren bekannt ist. Im schlesischen Teil Tschechiens stünden die Autos vor den Garagen, weil diese zu illegalen Schnapsbrennereien umfunktioniert wurden, warnte die Fernsehjournalistin Jana Lorencová schon vor 15 Jahren.

Um Schnaps zu machen und dem im Schnellverfahren gebrannten Fusel den nötigen Alkohol zu geben, greifen die Schwarzbrenner gerne zu Methanol, einer dem Alkohol verwandten chemischen Bindung. Nur muss jetzt jemand entweder ein ungeschicktes Händchen bei der Schnapsherstellung gehabt oder mindestens ein Fass Ethanol, also puren Alkohol, mit Methanol vertauscht haben. Schon 100 Milliliter Methanol sind dabei tödlich.

Gepanschter Ware weit verbreitet

Für die Tauschtheorie spricht die Tatsache, dass die Vergiftungsfälle überall in Tschechien und inzwischen auch in der benachbarten Slowakei auftreten. Hatte man anfangs gedacht, der giftige Fusel sei nur in billigem böhmischen Wodka oder Rum zu finden, so sorgen inzwischen Nachrichten von Vergiftungsfällen nach dem Genuss von Whisky oder dem beliebten Pflaumenschnaps Slibowitz für noch mehr Unsicherheit.

„Niemand kann mehr sagen, wo und in welchen Flaschen sich der gepanschte Schnaps befindet“, erklärte Gesundheitsminister Leos Heger das notwenige, aber unpopuläre Verbot. Es kommt auch für die Regierung äußerst ungelegen. In Zeiten, in denen Tschechien durch eine sinkende Binnennachfrage in die Rezession getrieben wird, verliert der Staat durch die Prohibition umgerechnet zwischen 500.000 und 700.000 Euro täglich.

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