UBA-Plakettenvorschlag abgelehnt: Regierung will nichts blaumachen

Egal ob hell- oder dunkelblau: Von Plaketten für saubere Diesel will der designierte CSU-Verkehrsminister Scheuer so wenig wissen wie sein Vorgänger.

Ein Aufkleber auf einer Autoscheibe

Gibt es bisher nicht offiziell, sondern nur als Werbeaufkleber: die Blaue Plakette Foto: dpa

BERLIN taz | Kurz vor dem Antritt der neuen Bundesregierung verschärft sich der Konflikt um den Umgang mit den Diesel-Fahrverboten. Ein neuer Vorschlag des Umweltbundesamts (UBA) stieß in Verkehrsministerium und Kanzleramt auf Ablehnung. Das UBA, das als oberste deutsche Umweltbehörde dem Bundesumweltministerium untersteht, hatte am Montag einen neuen Vorschlag präsentiert, Fahrzeuge je nach Stickoxid-Ausstoß mit zwei unterschiedlichen „Blauen Plaketten“ zu kennzeichnen.

Sie schlage eine hellblaue Plakette für nachgerüstete Euro-5-Diesel und bereits zugelassene Euro-6-Diesel vor, sagte UBA-Präsidentin Maria Krautzberger der Süddeutschen Zeitung. Diese würde die Einfahrt in Städte mit geringeren Überschreitungen der Grenzwerte erlauben. Diesel mit den neuesten Abgasnormen 6d-Temp und 6d, die noch einmal deutlich weniger Stickoxid ausstoßen, sollten eine dunkelblaue Plakette bekommen, mit der auch besonders hoch belastete Städte jederzeit und überall befahren werden könnten. „Damit hätten die Städte eine Möglichkeit, auf ihre jeweilige lokale Belastung zu reagieren“, sagte Krautzberger.

Beim Deutschen Städtetag, dem Dachverband der deutschen Kommunen, kam dieser Vorschlag gut an. „Die Aussagen der Präsidentin des Umweltbundesamts bestätigen die Haltung des Deutschen Städtetags, dass die Städte unbedingt eine blaue Plakette brauchen“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy zu dpa. Der Städtetag erwarte von der neuen Bundesregierung, dass sie sehr rasch nach Vereidigung des Bundeskabinetts über das Thema berate.

Mit einer Zustimmung ist dort aber nicht zu rechnen. Im Kanzleramt lehnt man die Blaue Plakette nach wie vor ab. „Die Bundesregierung arbeitet weiterhin daran, Fahrverbote und Maßnahmen, die letztlich in diese Richtung führen, zu vermeiden“, erklärte ein Regierungssprecher gegenüber der taz.

Auch das derzeit von Barbara Hendricks (SPD) geführte Bundesumweltministerium, das die Blaue Plakette in der Vergangenheit offensiv gefordert hatte, äußerte sich nur zurückhaltend. Wenn das UBA den Vorschlag offiziell vorlege, werde die Bundesregierung „bewerten müssen, ob der Vorschlag geeignet ist, um die Kommunen und Länder bei der Luftreinhaltung zu unterstützen“, teilte das Ministerium lediglich mit.

Helmut Dedy, Deutscher Städtetag

„Die Städte brauchen unbedingt eine blaue Plakette.“

Und der designierte neue Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will von dem Vorschlag überhaupt nichts wissen. „Die Blaue Plakette ist fachlich begründet falsch und bedeutet in der Folge Fahrverbote“, sagte er der Passauer Neuen Presse. Eine „Quasi-Enteignung“ von Diesel-Fahrern müsse verhindert werden. Das stieß beim Grünen-Fraktionchef Anton Hofreiter auf scharfe Kritik: „Es geht weiter wie bisher“, sagte er. „Das Verkehrsministerium macht sich zum Büttel der Autoindustrie.“

Möglich und kontrollierbar wären Fahrverbote auch ohne Blaue Plakette; der Aufwand wäre allerdings deutlich höher. Im fließenden Verkehr müssten in diesem Fall die Fahrzeugscheine kontrolliert werden, aus denen die Schadstoffklasse ersichtlich ist, sagte der Anwalt Remo Klinger, der für die Deutsche Umwelthilfe die Fahrverbots-Urteile erstritten hat. Beim stehenden Verkehr könnte diese Information über die Kennzeichen ermittelt werden. Auf eine Kontrolle verzichten können die Kommunen keinesfalls, sagte Klinger der taz. „Das würden die Gerichte nicht akzeptieren.“

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