UN-Sanktionen gegen Taliban-Gruppe: Warnsignal für Pakistan

Das jetzt mit Strafmaßnahmen belegte Haqqani-Netzwerk ist für medienwirksame Terrorangriffe in Kabul berüchtigt. Die Sanktionen erhöhen Druck auf Pakistan.

Die Taliban-Netzwerke finden immer noch Rückhalt in der pakistanischen Bevölkerung. Bild: dapd

BERLIN taz | Zwei Monate nach der US-Regierung hat in der Nacht zu Dienstag auch die UNO Sanktionen gegen das afghanische Haqqani-Netzwerk verhängt. Jetzt müssen alle UN-Mitgliedsstaaten Konten dieser Untergruppe der afghanischen Taliban einfrieren und dürfen ihr keine Waffen mehr liefern.

Die Obama-Regierung war im Wahlkampf vom republikanisch-dominierten Kongress zu ihrem Schritt gezwungen worden, obwohl sie sich eigentlich bemüht, seit März suspendierte Gespräche mit den Taliban wiederzubeleben. Die Sanktionen dürften das erschweren.

Das Haqqani-Netzwerk, benannt nach seinem Gründer Dschalaluddin Haqqani, wird für eine Reihe medienwirksamer Angriffe im Kommandostil vor allem in Kabul verantwortlich gemacht. Dabei kamen immer wieder Zivilisten ums Leben.

Im September 2011 verschanzte sich eine Gruppe von mutmaßliche Haqqani-Kämpfern in einem Kabuler Hochhaus-Rohbau und beschoss von dort aus stundenlang den Präsidentenpalast, das Hauptquartier der Isaf-Truppen und die US-Botschaft.

Auch zwei Autobomben-Anschläge auf die indische Botschaft 2008 und 2009 werden den Haqqanis angelastet. Das spricht für ihre operativen Fähigkeiten sowie einen guten Informationszugang.

Terrorismusexperten sprechen von einem „Kabuler Attackennetzwerk“. Für das steuern die Haqqanis lokale Kenntnisse und Personal bei, pakistanische Gruppen wie Laschkar-i-Taiba – 2008 für den spektakulären Terrorangriff in Bombay verantwortlich – die „Expertise“ und Pakistans Militärgeheimdienst Inter-Services Intelligence (ISI) wohl Informationen und Zielvorgaben.

En Nachfolger für den Vater

Der vorige Stabschef aller US-Truppen, Admiral Michael Mullen, nannte die Haqqanis deshalb den „veritablen Arm der ISI“, was Pakistan ihm sehr übel nahm.

Das Haqqani-Netzwerk ist allerdings keine eigenständige Organisation, sondern Teil der afghanischen Taliban. Seradschuddin Haqqani, der inzwischen seinen alten und kranken Vater an dessen Spitze abgelöst hat, soll dem Führungsrat der Bewegung angehören.

Haqqani senior kämpft bereits seit Mitte der 1970er Jahre gegen die Zentralregierung in Kabul und stieg laut dem US-Autor Steve Coll nach dem sowjetischen Einmarsch 1979 zu einem der wichtigsten „Aktivposten der CIA“ am Hindukusch auf.

Ein Signal an Pakistan

Aus dieser Zeit stammte auch sein Bündnis mit Osama bin Laden, der in Haqqanis Einflussbereich auf beiden Seite der afghanisch-pakistanischen Grenze die Infrastruktur für die Mudschaheddin baute, sowie mit dem ISI und den ursprünglich von diesem für den Kampf gegen Indien in Kaschmir etablierten Terrorgruppen.

So sind die jetzt verhängten Sanktionen wohl vor allem ein Signal an Pakistan, endlich die Unterstützung der Haqqanis aufzugeben. Das Haqqani-Netzwerk als „globale Terroristen“ zu kategorisieren, geht aber zu weit.

Wie die Taliban rekrutieren sie zwar auch Nichtafghanen – die eher propagandistisch als militärisch wertvoll sind, wurden aber nie außerhalb der Region aktiv.

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