US-Drohneneinsätze via Ramstein: Rechtmäßigkeit muss geprüft werden

Die Regierung muss prüfen, ob Drohnenangriffe mit Daten der US-Basis im Einklang mit dem Völkerrecht sind, entschied ein Gericht. Ein generelles Verbot lehnte es ab.

Ein Jemenit steht vor einem Graffiti, mit dem gegen US-Drohnenoperationen protestiert wird.

Bei US-Drohnenangriffen starben im Jemen viele Zivilist*innen Foto: dpa

MÜNSTER epd | Im Streit um die Verantwortung Deutschlands für US-Drohnenangriffe haben die Kläger aus dem Jemen einen Teilerfolg erzielt. Werden von der USA Daten der US-Basis Ramstein für bewaffnete Drohneneinsätze genutzt, muss die Bundesrepublik prüfen, ob diese im Einklang mit dem Völkerrecht stehen, wie das Oberverwaltungsgericht Münster in einer am Dienstag veröffentlichten Entscheidung mitteilte. Deutschland müsse gegenüber den USA auf der Einhaltung des Völkerrechts bestehen. Ein generelles Verbot der Nutzung der US-Basis Ramstein für solche Drohneneinsätze lehnte das Gericht ab.

In der Berufungsverhandlung ging es um die Klage einer Familie aus der Region Hadramaut im Osten des Jemen. Beim Beschuss mit US-Raketen am 29. August 2012 wurden ihren Angaben zufolge ein Onkel und ein Schwager getötet. Nach Ansicht der Kläger dient eine Satelliten-Relaisstation in Ramstein dafür, die Daten für die Drohnenangriffe im Jemen und anderen Ländern in die USA zu übermitteln. Von dort würden die Drohnen gesteuert.

Die Bundesrepublik habe ihre Schutzpflicht für das Leben der Kläger nicht ausreichend erfüllt, begründeten die Richter ihre Entscheidung. Es gebe gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die USA bewaffnete Einsätze im Jemen durchführten, die zumindest zum Teil gegen das Völkerrecht verstießen. So bleibe unklar, ob sich die Angriffe im Jemen auf zulässige militärische Ziele beschränkten. Dem Gericht lägen Informationen vor, die die zentrale Rolle der Satelliten-Relaisstation in Ramstein für bewaffnete Drohneneinsätze im Jemen belegten.

Bewaffnete Drohnen seien zwar nicht generell vom Völkerrecht untersagt, führte das Gericht aus. Gezielte militärische Gewalt durch bewaffnete Drohneneinsätze sei jedoch nur auf Grundlage des humanitären Völkerrechts und des internationalen Menschenrechtsschutzes zulässig. Danach dürfen sich Angriffe nur gegen Kämpfer der am Konflikt beteiligten Gruppen richten. Auch in einem bewaffneten Konflikt seien willkürliche Tötungen nicht zulässig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung ließ der Senat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu.

Somalier scheiterte in einem zweiten Prozess

In einem weiteren Prozess vor demselben Gericht scheiterte ein Somalier auch in zweiter Instanz mit einer Klage gegen Deutschland wegen eines US-Drohnenangriffs in seinem Heimatland. Dessen Berufung sei unzulässig und unbegründet, entschied das Oberverwaltungsgericht Münster am Dienstag. Es bestätigt damit ein vorangegangenes Urteil des Verwaltungsgerichts Köln.

Nach Darstellung des Klägers wurde sein Vater am 24. Februar 2012 irrtümlich durch den Angriff einer amerikanischen Drohne getötet, die womöglich von der Air Base in Ramstein oder Stuttgart aus koordiniert wurde. Der Angriff ereignete sich in einem von der afrikanischen Terrorgruppe Al-Shabaab kontrollierten Gebiet nahe der somalischen Hauptstadt Mogadischu.

Der Sohn des Getöteten wollte mit einer Feststellungsklage erreichen, dass Deutschland für den Angriff die Verantwortung mitübernimmt. Indem deutsche Gerichte solche Einsätze als rechtswidrig einstufen, will er den Angaben nach erreichen, dass die Bundesregierung dem US-Militär künftig untersagt, Drohnen von Deutschland aus zu steuern. Die Militärstützpunkte sind jedoch amerikanisches Hoheitsgebiet.

Widersprüche bei Drohnen-Angriff 2012 in Somalia

In seiner mündlichen Urteilsbegründung erklärte der Vorsitzende Richter des vierten Senats des Oberverwaltungsgerichts, Wolf Sarnighausen, dass die Klage unzulässig sei. So habe der Senat nicht die Überzeugung gewinnen können, dass der Vater des Klägers tatsächlich bei dem Drohnen-Angriff 2012 getötet worden sei. Die Sachverhaltsschilderung des Klägers, die dem Gericht unter Vermittlung eines somalischen Journalisten zugeleitet wurde, stehe in deutlichem Widerspruch zur Presseberichterstattung unmittelbar danach. Zivile Opfer seien damals nicht erwähnt worden.

Die Oberverwaltungsrichter bezweifelten zudem, dass 2012 die Satelliten-Relaisstation in Ramstein schon fertiggestellt war. Laut Medienberichten sei das erst Ende 2013 der Fall gewesen, hieß es. Der Kläger habe keine Erkenntnisse vorlegen können, dass deutsche Behörden bereits davor „von Einsätzen bewaffneter Drohnen in Somalia unter Einbindung von US-Einrichtungen in Deutschland“ Kenntnis gehabt hätten.

Eine Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgericht wurde nicht zugelassen. Dagegen ist aber eine Beschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

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