US-Strafzölle für Stahl und Aluminium: Kanada in Angst vor Trump

Kein Land treffen die US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium so hart wie Kanada. Noch hofft das Land, in letzter Minute verschont zu werden.

Flugzeug im Hangar: Bombardier-Fertigung in Quebec

Hier steckt wohl Material aus den USA drin: Bombardier-Fertigung in Quebec Foto: reuters

VANCOUVER taz | Die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Strafzölle treffen ein Land besonders hart: Kanada. Denn die Kanadier verkaufen an kein anderes Land so viel Stahl oder Aluminium wie an die USA. Beim Stahl etwa gehen zwischen 85 und 90 Prozent aller kanadischen Exporte in die Vereinigten Staaten, das ist fast die Hälfte der gesamten Produktion. Doch die Abhängigkeit ist keineswegs einseitig.

Denn umgekehrt kauft Kanada auch mehr amerikanischen Stahl ein als jede andere Nation. Außenministerin Chrystia Freeland wies darauf hin, dass die USA beim Stahlhandel mit Kanada derzeit sogar einen Überschuss von rund zwei Milliarden Dollar (1,3 Milliarden Euro) im Jahr erwirtschaften. Besonders eng ist der Warenaustausch zum Beispiel in der Automobilindustrie oder beim Militär.

Kanada macht sich daher Hoffnungen, dass der gemeinsame Wirtschaftsraum in letzter Minute doch von den Strafzöllen Trumps verschont bleibt – so wie beim letzten Mal. Als Präsident George W. Bush im Jahre 2002 Strafzölle auf Stahl verhängte, nahm er Kanada explizit aus, nicht zuletzt auch auf Verlangen der eigenen Wirtschaft und des amerikanischen Militärs.

Auch dieses Mal macht das US-Militär Druck: Verteidigungsminister James Mattis warb in einem Brief an Trump dafür, Kanada und andere Verbündete nicht zu belangen. Für die US-Streitkräfte hat etwa die Aluminiumindustrie in Québec eine große strategische Bedeutung. Kanada baute dort einst sogar einen eigenen Luftwaffenstützpunkt, um die Aluproduktion für die US-Army zu schützen.

Auch die Gewerkschaft ist gegen Zölle

Die einflussreiche US-Gewerkschaft United Steelworkers, die knapp eine Millionen Mitglieder in den USA und in Kanada vertritt, hat sich ebenfalls gegen Zölle gegenüber Kanada ausgesprochen. In Sorge sind auch die Automobilhersteller und -zulieferer beider Länder. Sie sind so eng miteinander verflochten, dass manche Komponenten mehrmals die Grenze überqueren, bis sie fertiggestellt werden.

Noch ist nicht abschließend geklärt, ob die Zölle am Ende auch Kanada betreffen werden oder nicht. Falls es jedoch dazu kommt, will Kanada dagegen vorgehen. „Kanada wird mit geeigneten Maßnahmen reagieren, um seine Handelsinteressen und seine Arbeiter zu schützen“, sagte Außenministerin Freeland.

In diesem Fall dürften sich die ohnehin angespannten Beziehungen beider Länder zu einem waschechten Handelskrieg ausweiten – und auch die laufenden Verhandlungen über ein neues Nafta-Abkommen in Nordamerika in eine Krise stürzen. Seit Monaten verhandeln die USA, Kanada und Mexiko auf Druck Trumps über Änderungen am Nafta-Abkommen, bislang offenbar mit wenig Erfolg.

Die Nafta-Verhandlungen ignoriert

Trump hatte den 1994 geschlossenen Freihandelsvertrag als ein Desaster bezeichnet, der dazu geführt habe, dass viele Jobs ins Ausland verlagert wurden. Mehrmals hatte er mit der Aufkündigung gedroht, ohne dass es jedoch bislang dazu gekommen wäre. Derzeit läuft in Mexiko City dazu die siebte Verhandlungsrunde der drei Länder.

Ungeachtet der laufenden Verhandlungen zu Nafta hatte Trump die Kanadier seit seinem Amtsantritt bereits mehrmals einseitig mit Strafzöllen überzogen. Zunächst betrafen die Aktionen die Forstwirtschaft, dann den heimischen Luftfahrtkonzern Bombardier und zuletzt die kanadische Papierindustrie.

Im Gegenzug hatten die Kanadier die Amerikaner wegen unfairer Handelspraktiken vor der Welthandelsorganisation WTO verklagt. Kanada moniert in der 32-seitigen WTO-Beschwerde rund 200 Handelsverstöße der USA, vorwiegend wegen zu hoher oder ungerechtfertigter Zölle.

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