US-Wirtschaftspolitik unter Trump: Um jeden Preis

Die Wirtschaftspolitik der USA ändert sich rasant. Bereitet Donald Trump einen Handelskrieg vor oder will er nur hochstapeln? Drei Szenarien.

Verkäufer an einer Fleischtheke

„Make meat great again“? Verkäufer an einer Fleischtheke in Buffalo Foto: reuters

Der neue US-Präsident Donald Trump redet gern im Superlativ. Seinen Wählern versprach er kürzlich: „Ich werde der größte Jobproduzent sein, den Gott jemals schuf.“ Was könnte das bedeuten?

Erkennbar ist bisher nur Trumps Methode: Er verhält sich nicht wie ein Politiker, sondern wie ein Geschäftsmann. Er ist mit Bauprojekten, Hotels, Spielbanken und Golfplätzen reich geworden. Mit dem Weltbild eines Firmenchefs will er nun auch die größte Volkswirtschaft der Erde führen.

Für den Geschäftsmann Trump gibt es keine Kooperation, nur Konkurrenten, und sein Schlüsselwort heißt „Deal“. Gute Verträge sind aus seiner Sicht nur Geschäfte, die Knebelverträge sind. 1990 erklärte Trump in einem Interview mit dem Playboy, wie er vorgeht: „Ich werde alles verlangen, was ich kriegen kann. Wenn Sie Geschäfte machen, bringen Sie die Leute bis an den Rand des Zusammenbruchs, ohne dass dieser eintritt. Das zeichnet einen guten Geschäftsmann aus. Andere würden lange vor dem Breaking Point aufhören.“

Wie der Geschäftsmann Trump wird auch der Präsident Trump agieren: mit gnadenloser Härte, vor allem gegenüber Schwächeren. Typisch ist, wie er mit Mexiko umgeht. Am Donnerstag verschickte Trump einen Tweet mit der Botschaft: „Die USA haben ein 60-Milliarden-Handelsbilanzdefizit mit Mexiko. Es war ein einseitiger Deal seit dem Beginn der Nafta mit einem massiven Verlust von Stellen und Firmen. Falls Mexiko nicht bereit ist, für die dringend benötigte Mauer zu zahlen, wäre es besser, das anstehende Treffen abzusagen.“

Der mexikanische Präsident Enrique Peňa Nieto konterte, indem er seine für den 31. Januar geplante Reise nach Washington strich. Daraufhin ließ Trump seinen Sprecher ankündigen, dass mexikanische Waren in den USA künftig mit einem Strafzoll von 20 Prozent belegt werden – um damit die Mauer zu finanzieren, die Mi­granten aus Südamerika von der Einreise in die USA abhalten soll.

Diese Episode zeigt, wie Trump vorgeht: auf Diplomatie verzichten, sofort eskalieren. Er will den Breaking Point der anderen Staaten testen. Es ist daher ein plausibles Szenario, dass Trump einen weltweiten Handelskrieg anzetteln wird.

Szenario 1: Weltweiter Handelskrieg

Trumps Ansage ist schlicht: „Buy American, hire American.“ Die heimischen Firmen sollen zu Hause produzieren. Wer hingegen aus dem Ausland liefern will, soll einen Strafzoll zahlen. Früher waren 35 Prozent im Gespräch, jetzt scheint Trump 20 Prozent anzupeilen.

Einseitige Strafzölle aber sind im Freihandelsabkommen Nafta, das seit 1994 zwischen den USA, Kanada und Mexiko gilt, nicht vorgesehen. Trump will diesen Vertrag kündigen oder neu verhandeln.

Rechtlich wäre es für Trump kein Problem, aus dem Abkommen auszusteigen. Jeder Vertragspartner kann die Freihandelszone nach einer Kündigungsfrist von sechs Monaten verlassen. Auch in den USA gibt es niemanden, der Trump bremsen könnte. Wenn er die Nafta kündigt, benötigt er zwar eine Zweidrittelmehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat. Doch über das Abstimmungsergebnis kann er sich bei Bedarf hinwegsetzen, indem er eine Executive Order erlässt.

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Bleibt nur ein Problem für Trump: Auch nach einem Ausstieg aus der Nafta könnte er keine Strafzölle erheben. Die USA sind nicht nur Mitglied der Nordamerikanischen Freihandelszone, sondern auch der Welthandelsorganisation (WTO). Dort gilt die „Meistbegünstigungsklausel“: Jedes Land muss allen anderen Ländern die vorteilhaften Konditionen gewähren, die es mit einem Handelspartner ausgemacht hat.

Trumps „Teile und herrsche“-Ansatz würde nicht funktionieren. Er könnte kein bilaterales Freihandelsabkommen mit Großbritannien aushandeln, das den Briten weit entgegenkommt, und gleichzeitig Strafzölle über Mexiko verhängen. Stattdessen müsste er den Mexikanern die gleichen Vorrechte gewähren, die er den Briten einräumt. Will Trump wirklich Strafzölle verlangen, müsste er auch aus der WTO aussteigen.

Obwohl Trump zu markigen Sprüchen neigt, ist schwer vorstellbar, dass er einen Handelskrieg mit Mexiko, Kanada oder China riskiert. Die USA sind nicht nur Import-, sondern auch Exportnation. Millionen Arbeitsplätze wären gefährdet, wenn die USA ihre Waren nicht mehr nach Mexiko oder Kanada liefern könnten. Daher ist ein anderes Szenario wahrscheinlicher: Trump beschränkt sich auf wortstarke Symbolpolitik, die sich medial vermarkten lässt.

Szenario 2: Reine Symbolpolitik

Wie die Trump'sche Symbolpolitik funktioniert, hat der neue Präsident in den ersten Tagen seiner Amtszeit gezeigt. Er lädt Industrievertreter ins Weiße Haus und stößt kaum verhüllte Drohungen aus für den Fall, dass sie seinen „Deal“ nicht akzeptieren und keine Arbeitsplätze in den USA retten.

Für die Unternehmen ist es lukrativ, sich gefällig zu zeigen, denn Trump winkt stets mit direkten oder indirekten Subventionen. Zudem hat er gleich an seinem ersten Arbeitstag erklärt, dass die Unternehmenssteuern von derzeit 35 Prozent auf 15 bis 20 Prozent sinken sollen. Bei einem solchen Milliardengeschenk fällt es den Firmen leicht, ein paar Jobs zu schaffen, um den Präsidenten zufriedenzustellen.

Trumps Symbolpolitik hat bisher bestens funktioniert, wie der Fall Carrier zeigt. Der Klimaanlagenhersteller wollte eine Fabrik nach Mexiko verlagern und wurde im November von Trump genötigt, in den USA zu bleiben.

Tagelang dominierten diese 800 Arbeitsplätze die Nachrichten in den USA. Trump konnte sich als „größter Jobproduzent“ inszenieren, obwohl die Carrier-Stellen völlig unbedeutend sind. Wie der Nobelpreisträger Paul Krugman vorgerechnet hat, verlieren jeden Tag 75.000 US-Amerikaner unfreiwillig ihren Arbeitsplatz, weil Firmen schließen oder umstrukturieren. Genauso viele finden aber auch wieder Jobs, denn es herrscht fast Vollbeschäftigung. Nicht Trump schafft die Arbeitsplätze – sondern die gute Konjunktur.

Die Börsianer scheinen darauf zu vertrauen, dass Trump keinen großen Schaden anrichtet. Am Mittwoch durchbrach der Aktienindex Dow Jones erstmals die Grenze von 20.000 Punkten

Zur Symbolpolitik gehört auch, dass Trump gleich an seinem ersten Arbeitstag das Transpazifische Freihandelsabkommen (TPP) aufgekündigt hat. Es sei ein „Desaster“ und eine „Vergewaltigung“ der USA. Da der Vertrag noch nicht ratifiziert war, fiel der Ausstieg leicht. Auch TTIP, das Freihandelsabkommen mit den Europäern, wird nicht weiterverhandelt.

Der weltweite Handel wird trotzdem nicht leiden, denn er floriert auch ohne diese Abkommen. Allein zwischen den USA und Europa werden täglich Waren im Wert von etwa 2 Milliarden Dollar ausgetauscht. Selbst die EU-Kommission musste zugeben, dass TTIP kein zusätzliches Wachstum erzeugt hätte.

Die Börsianer jedenfalls scheinen darauf zu vertrauen, dass Trump keinen großen Schaden anrichtet. Am Mittwoch durchbrach der Aktienindex Dow Jones die magische Grenze von 20.000 Punkten. ­Allerdings könnten ausgerechnet die Finanzmärkte zu Trumps eigentlichem Problem werden.

Szenario 3: Der Fluch der Finanzmärkte

Die Börsianer sind so euphorisch, weil Trump die Steuern für die Reichen und die Unternehmen senken will. Es ist lukrativ, in den USA anzulegen. Dies gilt nicht nur für Amerikaner. Auch ausländische Finanzinvestoren drängt es an die Wall Street. Der Dollarkurs dürfte daher weiter steigen – was die amerikanischen Waren im Ausland automatisch verteuert, während gleichzeitig die Importe noch billiger werden. Das gigantische Defizit in der Handelsbilanz, das Trump eigentlich schließen wollte, dürfte also noch größer werden.

Trump hat seinen Wählern in jeder Rede versichert, dass er neue Arbeitsplätze in der Industrie schaffen werde. „Make America great again“ war das Motto. Doch wenn der Dollarkurs steigt, passiert genau das Gegenteil: Noch mehr Stellen in der Exportindustrie werden vernichtet.

Trump macht einen Fehler: Er denkt, die amerikanische Wirtschaft würde wie ein Hotel oder ein Golfplatz funktionieren. Er starrt immer nur auf einzelne Fabriken, die aus den USA abwandern könnten. Die weltweiten Finanzströme hat er nicht im Blick. Sie aber könnten sein Schicksal sein.

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