Umstrittener Schattenminister: Die Genkartoffel-Affäre der SPD

Nachdem SPD-Schattenlandwirtschaftsminister Udo Folgart in der taz den Anbau der Genkartoffel befürwortet hat, brodelt es in der Parteispitze. Nicht jeder ist dafür.

Brandenburgs Bauernpräsident Udo Folgart (SPD, l) beim Abschluss der Getreideernte in Wachow (Havelland). Bild: dpa

Die SPD geht auf Distanz zu Udo Folgart, ihrem Schattenlandwirtschaftsminister. Folgart hatte sich in der Donnerstag-Ausgabe der taz für den Anbau der umstrittenen Genkartoffel Amflora des BASF-Konzerns ausgesprochen und zudem industrielle Tierproduktionsanlagen wie im brandenburgischen Haßleben befürwortet. Dort ist eine Mastanlage mit knapp 70.000 Schweinen geplant.

Der SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber meinte zur taz: "Die SPD will die Genkartoffel nicht." Die Gentechnik berge mehr Probleme als Zukunftshoffnungen. Das sei "ganz klare Linie der Partei". Der SPD-Parlamentarier Wolfgang Wodarg sagte der taz, dass Befürworter von Genkartoffeln und industrieller Tierproduktion "in der Partei noch nicht einmal eine relevante Minderheit" seien. Kelber wies darauf hin, dass für Agro-Gentechnik und Tierschutz im Führungsteam von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier nicht Folgart, sondern Barbara Hendricks zuständig sei. Von Hendricks war am Donnerstag keine Stellungnahme zu bekommen.

Udo Folgart hat sich in der taz zum ersten Mal öffentlich als Mitglied in Frank-Walter Steinmeiers Kompetenzteam zur Zukunft der Landwirtschaft geäußert. Die taz druckte am Donnerstag einen Text, in dem die Kernaussagen aus einem Interview zusammengefasst waren. Das Interview hatte die taz in der letzten Woche geführt. Es sollte eigentlich als Wortlautinterview erscheinen. Die SPD-Pressestelle erklärte am Dienstag dieser Woche jedoch, dass sie den Interviewtext nicht autorisiert. Als Grund gab sie an, man habe mit einer früheren Veröffentlichung gerechnet. Das Interview passe nun nicht mehr in das medienpolitische Konzept, weil die SPD nun eine eigenes Agrarpapier präsentieren wolle. Allerdings war kein verbindlicher Veröffentlichungstermin für das Interview vereinbart worden.

Die SPD-Pressestelle bot zudem an, ein neues Interview mit Folgart zu führen. Das lehnte die taz ab, wegen der Vermutung, dass Folgart in diesem Interview seine kontroverse Aussagen zu Gentechnik und Massentierproduktion entschärfen sollte.

Die Positionen, die Folgart im taz-Interview vertrat, waren nicht neu. Als Bäuerinnen im Mai dieses Jahres vor dem Kanzleramt für höhere Milchpreise demonstrierten, fand er das falsch: Protestieren bringe nichts - "wir sind am Markt angekommen". Vor gut einem Jahr erklärte Folgart bei einer Debatte über gentechnische veränderte Organismen (GVO) im Brandenburger Landtag: "Die Nutzung von GVO kann zur Ertragssicherheit, sogar zur Ertragserhöhung beitragen. Ich glaube, diese Chance darf nicht verspielt werden, sie muss vielmehr wahrgenommen werden."

Folgart ist Geschäftsführer der Agro-Glien GmbH in Brandenburg und Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes. Zudem ist er Mitglied der SPD-Landtagsfraktion in Brandenburg, allerdings als Parteiloser. Als Frank-Walter Steinmeier sein Kompetenzteam Ende Juli vorgestellt hat, galt Udo Folgart neben dem Unternehmer Harald Christ als unerwartete Besetzung. Folgart sagte gegenüber der taz, dass er überrascht war, als Steinmeier ihn anrief. Folgarts Berufung in das Team hatte Spekulationen ausgelöst, dass Steinmeier Rückhalt für seinen Wahlkreis sucht. Folgarts landwirtschaftlicher Betrieb befindet sich in dem Wahlkreis Havelland, in dem Steinmeier als SPD-Direktkandidat antritt.

Bereut die SPD Folgarts Ernennung? "Nein", sagt Fraktionsvize Kelber. Udo Folgart könne mit seiner "Sprache einen Bereich der Landwirte ansprechen, die wir bisher bisher nicht erreicht haben".

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