Unabhängiges Onlinemagazin aus Kuba: Gegen alle Blockaden

Keine Pressefreiheit, kaum Internet: Und doch berichtet die Online-Zeitung „14ymedio“ seit einem Jahr aus Kuba. Ein Treffen mit dem Redaktionsleiter.

Redaktionsleiter Reinaldo Escobar. Bild: Sebastian Erb

HAVANNA taz | Eine Webseite mit aktuellen Berichten, kritischen Analysen und Reportagen. Hierzulande nichts Besonderes – in Kuba schon. Deshalb bekam 14ymedio auch viel Aufmerksamkeit, als die Seite am 21. Mai 2014 online ging. Auf den Weg gebracht von Yoáni Sánchez, die sich als Bloggerin nicht nur weltweit viele Fans und Preise erschrieben hat – sondern auch viele Feinde.

Der Redaktionsleiter heißt Reinaldo Escobar. 67 Jahre ist er alt, hat lockiges Haar, ein kantiges Gesicht. Fast 20 Jahre hat er in Staatsmedien gearbeitet, bis er 1988 rausflog. Sánchez hat ihn dann zum Bloggen gebracht, privat sind die beiden seit mehr als 20 Jahren ein Paar. Escobar hat für das Gespräch ein Café im Stadtteil Vedado ausgesucht. Ihre Redaktionsräume seien für ausländische Journalisten tabu. Aus Sicherheitsgründen, wie er erklärt, aber vor allem, weil sie mit einer Homestory die Regierung wohl unnötig provozieren würden.

Für das erste Jahr zieht Escobar eine positive Bilanz. „Wir dachten, dass es schwieriger werden würde“, sagt er. Das heißt natürlich nicht, dass alles einfach wäre. Im Gegenteil.

Schon bevor es losging, seien potenzielle Mistreiter von der Staatssicherheit bedroht worden, berichtet Escobar. Einige hätten es dann sein lassen. Knapp ein Dutzend regelmäßige MitarbeiterInnen hat die Online-Zeitung heute.

Steckt die CIA dahinter?

Ihr Hauptproblem: 14ymedio ist in Kuba blockiert. Wer die Seite aufrufen will, bekommt eine Fehlermeldung, nur indirekt über einen Proxy oder VPN-Tunnel kann man sie lesen. Doch zumindest können sie auch ohne teuren Internetzugang ganz gut arbeiten. Denn inzwischen lassen sich E-Mails vom Handy aus verschicken. Kollegen im Ausland stellen die Artikel dann online, zuletzt auch Sánchez selbst, die mit einem Stipendium in den USA weilte.

Die Verbindungen ins Ausland sind für manche Gegner schon Beleg genug, dass nur die CIA dahinterstecken kann. Escobar kann diesen Vorwurf nicht mehr hören. „Wir hängen weder von irgendeiner Regierung ab noch von Geldern einer anderen ausländischen Organisation“, sagt er. Hinter 14ymedio steckt ein Unternehmen, das in Spanien registriert ist. Geschäftsleute, die an das Projekt glauben, hätten investiert, erklärt Escobar.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen führt Kuba auf der Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 169 von 180 Ländern. Zwar erlaube sich nun auch die offizielle Presse etwas mehr Kritik, sagt Escobar, aber zwei Dinge dürften nie infrage gestellt werden: Die Legitimation der Machthabenden, sprich der Castro-Brüder, und die Lebensfähigkeit des Systems. „Dieses Feld haben wir ganz für uns.“

Zu offiziellen Pressekonferenzen können sie sich nicht akkreditieren. „Aber wir können Leute aus der Opposition interviewen oder aus der Zivilgesellschaft“, sagt Escobar. Das sei doch viel interessanter für die Leser. Sie schreiben für Kubaner, das sei ihnen wichtig. Es geht zwar auch um Weltpolitik, aber eben auch um Unfälle, die Versorgung mit Lebensmitteln und kaputte Klettergerüste auf einem Spielplatz. Aber wie viele der durchschnittlich 15.000 Leser am Tag sind überhaupt aus Kuba?

Die Offline-Version als PDF-Datei

Das lässt sich nicht sagen, denn mit einer kubanischen IP-Adresse kann man die Seite ja nicht besuchen. Allzu viele dürften es nicht sein, so sieht es Escobar, denn wer benutzt schon dafür seine wertvolle Onlinezeit?

Manche Leser erreichen sie mit einer Offline-Version als PDF-Datei. Ein verbesserter Internetzugang ist einer der Punkte, auf den sich die USA und Kuba geeinigt haben. Aber ob dann 14ymedio frei zugänglich sein wird? Das lässt sich bezweifeln. Als vor ein paar Wochen ein neues Blogportal gestartet wurde, hieß es, es stünde allen offen. Die 14ymedio-Macher öffneten einen Account und kopierten Artikel von ihrer Seite hinein. Nach ein paar Tagen war alles gelöscht.

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