Unsicheres Zwischenlager: Genehmigung futsch, Müll bleibt

Bundesgericht bestätigt: Brunsbüttel nicht für hoch radioaktiven Müll geeignet. Umweltminister erteilt trotzdem Duldung.

Kann man nicht auf die grüne Wiese hinter den Deich stellen: Atomfässer in Brunsbüttel. Bild: dpa

RENDSBURG taz | Ein abstürzendes Flugzeug, ein Terrorangriff: Wäre das Zwischenlager beim Atomkraftwerk Brunsbüttel gegen solche Ereignisse abgesichert? Nein, befürchteten Anwohner und klagten. Im Juni 2013 gab ihnen das Oberverwaltungsgericht in Schleswig Recht, nun bestätigt das Bundesverwaltungsgericht das Urteil und entzieht damit endgültig die Betriebserlaubnis für das Zwischenlager. Ändern wird das zunächst aber nichts: Mangels alternativer Standorte, an denen die zurzeit neun Castoren sicherer lagern könnten, erteilte Umwelt- und Energieminister Robert Habeck (Grüne) eine befristete Duldung. Bis 2018 darf alles bleiben, wie es ist, danach muss Vattenfall „für eine genehmigte Lagerstätte Sorge tragen“, so das Ministerium.

Dass die Behälter mit hoch radioaktivem Inhalt trotz gerichtlich festgestellter Mängel stehenbleiben sollen, schmeckt niemandem in Kiel, aber „man kann sie schließlich nicht an die frische Luft auf die grüne Wiese hinter den Deich stellen“, sagte der Grünen-Landtagsabgeordnete Detlef Matthiessen. Er kritisiert den ehemaligen Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU): Er hätte dafür sorgen müssen, dass die Fachleute des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) die Sicherheitskonzepte – zumindest unter Ausschluss der Öffentlichkeit – erläutern. Bei den Verhandlungen in Schleswig hatten die Vertreter des Bundesamtes aufgrund von Sicherheitsvorgaben nur vage Angaben gemacht, die das Gericht nicht überzeugten. „Das legt die Vermutung nahe, dass es neben der behaupteten Geheimhaltungsbedürftigkeit tatsächliche Sicherheitslücken gibt“, sagt Matthiessen jetzt. Das Ministerium erklärt, dass der Standort sicher sei. Jens-Christian Magnussen (CDU) sieht aber neben dem Betreiber Vattenfall auch das Land in der Pflicht, alternative Standorte zu finden.

Es geht auch um die Unterbringung von weiteren Castoren: Die Kieler Landesregierung hatte Brunsbüttel als Zwischenlager angeboten, bis ein bundesweiter Endlagerstandort gefunden ist. Allerdings stellt sich nach dem Oberverwaltungsgerichts-Urteil für alle Standorte bundesweit die Frage nach der Sicherheit. Rechtlich gelte Brunsbüttel als Sonderfall, so der Anwalt Ulrich Wollenteit, der den Brunsbüttler Kläger Peter Dreckmann in Schleswig vertrat. Denn das Zwischenlager hatte wegen der seit 2003 laufenden Prozesse nie eine endgültige Genehmigung erhalten.

Die Fragen nach Angriffen oder Airbus-Abstürzen, auf die es im Brunsbüttel-Prozess keine Antworten gab, wurden für andere Kraftwerke und Zwischenlager nie gestellt. „Der Bund ist in der Pflicht, diese Untersuchungen in die Wege zu leiten“, sagte Habeck.  ESTHER GEISSLINGER

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